Umweltbonus läuft früher aus Riskiert die Bundesregierung ihr E-Auto-Ziel?
Um die Löcher im Haushalt zu stopfen, läuft die Förderung für E-Autos früher aus als geplant - vielleicht schon zum Jahresende. Dabei ist die Bundesregierung von ihrem Ziel in der Verkehrswende meilenweit entfernt.
Ein neues Elektroauto kostet in Deutschland im Schnitt 52.700 Euro, wie eine Berechnung des Center of Automotive Management (CAM) jüngst ergab. Für viele Verbraucherinnen und Verbraucher ist das deutlich zu viel. Weil die hohen Preise den Umstieg auf nachhaltige Antriebe bremsen, gibt es vom Staat einen Zuschuss zum Kauf. Doch dieser Umweltbonus fällt bald weg - sogar früher als gedacht.
Stopp der Förderung womöglich schon zum Jahresende
Im Zuge der Grundsatzeinigung über den Bundeshaushalt hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck angekündigt, die Förderung aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) werde eher beendet als bisher geplant. Wann genau, ist allerdings noch unklar. "Der Umweltbonus wird zeitnah auslaufen", teilte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) tagesschau.de mit. Weitere Details wurden nicht genannt. Bereits eingegangene Anträge sollen aber noch bearbeitet werden.
Den Umweltbonus gibt es seit 2016, mittlerweile nur noch für Privatpersonen. Er setzt sich zusammen aus einem Herstelleranteil, der direkt mit dem Kaufpreis verrechnet wird, und einem Beitrag des Staates. Den Bundesanteil müssen die Käufer beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) beantragen. Insgesamt gab es in diesem Jahr eine Förderung für den Kauf und das Leasing von reinen E-Autos in Höhe von 2.250 bis 6.750 Euro - je nach Höhe des Kaufpreises und Zustands des Fahrzeugs.
Ursprünglich sollten vom kommenden Jahr an neue Fördersätze gelten: 1.800 bis maximal 4.500 Euro - und für E-Autos mit einem Nettolistenpreis von mehr als 45.000 Euro gar nichts mehr. Ende 2024 sollte der Umweltbonus dann komplett auslaufen. Jetzt könnte es Medienberichten zufolge sein, dass sogar schon zum Jahreswechsel keine neuen Anträge mehr gestellt werden können. Was hat das für Folgen für die Verkehrswende in Deutschland?
"Wird Hochlauf einen Dämpfer verleihen"
"Das angekündigte vorzeitige Aus der Umweltprämie - jetzt auch für Privatkunden - wird dem Hochlauf der Elektromobilität einen weiteren Dämpfer verleihen", sagt Helena Wisbert vom Center of Automotive Research (CAR) gegenüber tagesschau.de. Obwohl der Zeitpunkt noch nicht feststehe, reagieren Kundinnen und Kunden danach schon jetzt mit Kaufzurückhaltung. "Die Umweltprämie kann nämlich erst bei Zulassung des E-Autos beantragt werden, und diese findet in der Regel erst mehrere Monate nach der Bestellung statt", erklärt die Expertin.
Ob es dann noch eine Förderung gibt, ist äußerst fraglich. Um sicherzustellen, dass immerhin diejenigen den Bonus erhalten, die ihr E-Auto bereits im Vertrauen auf die Förderung bestellt hatten, fordern der Verband der Automobilindustrie und der ADAC, dass das Kaufdatum - und nicht das Auslieferungsdatum - zum entscheidenden Kriterium für den Erhalt des Umweltbonus wird.
Umweltbonus entscheidend für die gestiegenen Zulassungszahlen
In den vergangenen Jahren sorgte laut Fachleuten vor allem der Zuschuss vom Staat dafür, dass die Wachstumsraten bei den Neuzulassungen kontinuierlich gestiegen sind. "In den vergangenen Jahren hat der Anreiz eine große Rolle gespielt - gerade vor dem Hintergrund, dass E-Fahrzeuge einfach teurer sind als Verbrenner", sagt ADAC-Sprecherin Katrin van Randenborgh.
Besonders zum Jahresende 2022 habe es einen richtigen Run gegeben, um noch den höchsten Fördersatz von 10.000 Euro abzugreifen. "In diesem Jahr haben wir vor dem veränderten Förderhintergrund schon deutlich weniger gesehen: Hybride und Dienstwagen sind rausgefallen", so van Randenborgh. Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) wurden von Januar bis Ende November knapp 470.000 reine E-Autos neu zugelassen - der Anteil an den gesamten Zulassungen lag bei 18 Prozent.
Nur drei E-Autos unter 30.000 Euro auf dem deutschen Markt
Mittlerweile sind in Deutschland damit mehr als 1,3 Millionen Elektroautos unterwegs. Dennoch ist die Bundesregierung von ihrem selbst gesteckten Ziel weit entfernt: 15 Millionen E-Autos sollen bis 2030 auf deutschen Straßen rollen, hatten die Ampel-Parteien in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt. Doch der Trend zeigt eher in die andere Richtung: So fielen die Neuzulassungen im November wegen der schwachen Konjunktur und der hohen Zinsen rund 22 Prozent geringer aus als im Vorjahr.
"Das 15-Millionen-Ziel ist ohne weitere Maßnahmen nur schwer zu erreichen", meint Wisbert. Denn auch inklusive der Umweltprämie gehöre das Elektroauto zu den teureren Fahrzeugen und habe es aufgrund der aktuellen Marktbedingungen schwer. "Wenn jetzt die Umweltprämie vorzeitig gestoppt wird, rückt das Ziel noch stärker in weite Ferne", betont die Professorin für Automobilwirtschaft an der staatlichen Fachhochschule Ostfalia in Wolfsburg.
Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer rechnet 2024 mit bis zu 200.000 Verkäufen weniger in Deutschland, falls tatsächlich schon zu Jahresbeginn keine Anträge für die Prämie mehr angenommen werden. "Kombiniert mit den Unsicherheiten bei der Elektromobilität bei Reichweiten, Lademöglichkeiten und Dauer der Batterie wäre es extrem wichtig, dass die Förderung zumindest 2024 noch weitergelaufen wäre", meint auch van Randenborgh. Gerade bei Kleinwagen sei das Angebot noch relativ gering - und daher teuer. "Wir haben aktuell auf dem deutschen Markt drei E-Autos unter 30.000 Euro verfügbar."
Bundesregierung findet Umweltbonus "entbehrlich"
Eigentlich gilt der Ausbau der Elektromobilität als wichtiger Beitrag in der Strategie der Bundesregierung, um die Klimaziele zu erreichen - der Verkehrssektor ist ein Sorgenkind. Riskiert die Ampel also ihre eigenen Vorsätze? "Die Entscheidung ändert nichts an den Zielen der Bundesregierung", schreibt das BMWK. "Der Umweltbonus wäre im kommenden Jahr ohnehin ausgelaufen." Auf dem Markt für E-Autos gebe es aktuell viel Bewegung, die deutschen Autobauer hätten zahlreiche weitere neue Modelle auch im niedrigeren Preissegment angekündigt.
"Elektromobilität wird somit massenmarkttauglich, und eine Förderung ist - auch jenseits von Haushaltsfragen - zunehmend entbehrlich", heißt es weiter. Ein Einschnitt beim Umweltbonus ermögliche eine Konzentration der Ressourcen auf die Bereiche, bei denen eine Förderung noch dringend notwendig ist. "Dennoch hätte das BMWK ein vorzeitiges Aus des Umweltbonus gerne vermieden."
Aber wird die E-Mobilität tatsächlich schon bald massentauglich? "Es kommt darauf an, was auf der Herstellerseite 2024 für ein Fahrzeugangebot kommt", sagt van Randenborgh. Dass es kleinere und günstigere E-Fahrzeuge gebe, sei ein elementarer Faktor. "Wir rechnen ab 2026 mit einem angebotsinduzierten Marktimpuls, weil dann auch preisgünstigere Fahrzeuge in den Markt kommen", erwartet CAR-Expertin Wisbert. Doch auch daneben gebe es Punkte, um Elektroautos für alle attraktiver zu machen - zum Beispiel der Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur und die Verkürzung der Ladedauer.