Folge des Ukraine-Kriegs Bio-Bauern geht Öko-Tierfutter aus
Der Ukraine-Krieg könnte deutsche Bio-Betriebe bald dazu zwingen, ihre Tiere mangels Öko-Futter konventionell zu füttern. Deshalb wird bereits die Forderung laut, die strengen Bio-Regeln zeitweise auszusetzen.
Für Bio-Landwirte könnte nach Brancheneinschätzungen bald das Futter für ihre Tiere knapp werden: Viele Öko-Betriebe bezögen ihr gentechnikfreies Eiweißfutter aus der Ukraine und der Schwarzmeerregion, sagt Holger Hennies, Präsident des Landvolks Niedersachsen. "Für gentechnikfreies Futter gibt es keine anderen Lieferanten." Das Problem betreffe die gesamte Veredelungsbranche, also die Schweine- wie auch die Geflügelmast.
Biosiegel: Strenge Regeln aussetzen?
In wenigen Wochen dürften die Lager mit Ökofutter deshalb leer sein und Bio-Tierhalter müssten auf konventionelles Futter umsteigen. Das gelte auch für die Eierproduktion, sagte Friedrich-Otte Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG). Ob die Betriebe dann auch ihr Biosiegel beibehalten könnten, liege an der EU. Die strengen Regeln müssten zeitweise ausgesetzt werden, fordert der Verbandspräsident.
Durch den Krieg in der Ukraine sind viele Landwirte unerwartet in eine wirtschaftlich schwierige Situation geraten: Fehlende Weizenlieferungen aus dem osteuropäischen Land haben die weltweiten Warenströme umgeleitet. Die Preise für Futter, Dünger und Energie sind stark gestiegen.
Gerade die Tierhalter bekommen das zu spüren. Das gilt nicht zuletzt für die Schweinehalter, die in den vergangenen zwei Jahren ohnehin schon unter dramatisch niedrigen Erzeugerpreisen gelitten hatten, berichtet Hubertus Berges, der im Landkreis Cloppenburg Schweine mästet. Ein Tier bis zur Schlachtreife zu füttern, koste ihn im Moment 120 Euro.
Höhere Preise gefordert
Vor jeder Einstallung müssten sich die Mäster nun fragen, ob sie das Risiko eingehen oder den Mastplatz nicht besser leer lassen. Denn die Entwicklung der Futterpreise sei derzeit nicht abzuschätzen. "Vor vier Wochen habe ich für eine Futterlieferung noch 24 Euro pro 100 Kilo gezahlt. Jetzt stehen da fast 40 Euro pro 100 Kilo, das ist Wahnsinn."
Im Geflügelbereich hätten die Putenhalter bereits 20 Prozent Leerstand in den Ställen, sagt Ripke. Diese Entwicklung habe schon vor dem Ukraine-Krieg eingesetzt, weil sie keine auskömmlichen Preise mehr erzielten. In der Hähnchenmast überlegten nun die ersten Landwirte, Ställe leer stehen zu lassen. "Wir brauchen für die Kosten von Energie und Futter höhere Erzeugerpreise", fordert der Funktionär.
Bereits vor dem Ukraine-Krieg hatten Ökonomen einen Preisschock bei Lebensmitteln befürchtet. Im Februar hatten die Preise für Nahrungsmittel um 5,3 Prozent angezogen. Die aktuelle Krisenlage dürfte für die Verbraucher weiter steigende Preise bedeuten.