US-Kongress einigt sich auf Konjunkturpaket Erster wichtiger Sieg für Obama
Gute Nachricht für den Präsidenten: Die demokratische Kongress-Mehrheit brauchte die Hilfe von drei republikanischen Abweichlern, um das Milliarden-Konjunkturpaket durchzubringen. Das scheint gelungen zu sein. Doch schon tobt die Debatte um die Wirkung.
Von Jens Borchers, HR-Hörfunkstudio Washington
Es geht um sehr viel Geld, um Steuergeld. Und es geht einiges durcheinander. Ein paar Beispiele: Das Konjunkturpaket soll vor allem eins schaffen - Arbeitsplätze. Präsident Barack Obama sagt, er messe Erfolg daran, ob seine Regierung vier Millionen Arbeitsplätze schaffen kann und langfristiges Wirtschaftswachstum begründen kann.
Experten glauben nicht daran, dass mit dem Milliarden-Aufwand Arbeitsplätze entstehen. Bestenfalls können Jobs erhalten werden und das wäre schon ein Erfolg. Trotzdem trat Harry Reid, der Mehrheitsführer der Demokraten im amerikanischen Senat, gestern vor die Kameras und behauptete, dass dieses Gesetz dreieinhalb Millionen Arbeitsplätze schaffen würde. Eine halbe Million weniger, als der Präsident versprochen hat. Und es ist immer noch extrem unwahrscheinlich, dass diese Jobs "geschaffen" werden.
Der US-Kongress hat einen Kompromiss zu dem Konjunkturpaket gefunden.
Ein Fünftel geht in die Infrastruktur
Aber es geht um Politik: Jeder bemüht sich nach Kräften, dieses Programm schon jetzt als Erfolg zu preisen. Susan Collins ist Senatorin und gehört zu den drei Republikanern, die für das Paket stimmen werden. "Uns ist es gelungen, den Betrag für Infrastrukturmaßnahmen zu erhöhen. Das ist die beste Möglichkeit, Arbeitsplätze zu schaffen", so Collins.
Etwa 150 Milliarden Dollar sollen in Straßenbau, Schulrenovierung und Computer-Infrastruktur fließen. Das ist gerade mal ein Fünftel der Gesamtsumme. Der einflussreiche Senator Lindsay Graham, Republikaner aus South Carolina, schimpft dagegen wie ein Rohrspatz auf seine Abweichler-Kollegen. "Wir nehmen fast 800 Milliarden Dollar im Namen der Konjunkturhilfe, blähen die Regierung auf und tun nichts gegen die Ursachen der Krise, nämlich die Immobilien- und Banken-Misere." Graham meint, die USA bräuchten kein Konjunkturprogramm.
Bewunderung für die drei Abtrünninge
Der Demokrat Reid hingegen feiert die drei Republikaner, die gegen den massiven Protest ihrer eigenen Partei für das Konjunkturpaket stimmen wollen. "Mir fehlen die Worte, um meine Bewunderung, meinen Respekt für Vaterlandsliebe, den Patriotismus und den Mut von drei Senatoren zu beschreiben: Specter aus Pennsylvania, Snowe und Collins aus Maine."
Was haben die Bürger von Vaterlandsliebe, Patriotismus und Mut der drei konservativen Senatoren? Ein Konjunkturpaket, das 95 Prozent der Steuerzahler für die nächsten zwei Jahre jeweils 400 Dollar weniger Abgaben beschert. Das zwölf Milliarden Dollar für die Renovierung amerikanischer Schulen bereitstellt. Und ein Programm, das die Arbeitslosenhilfe und die Beihilfe zur Krankenversicherung für diejenigen verlängert, die bereits ihren Job verloren haben.
Was Kritiker an dem Paket bemängeln
Kritiker sagen, dem seit fast zwei Monaten diskutierten Konjunkturpaket fehlt zweierlei. Erstens: Eine klare Richtung. Eindeutige Schwerpunkte für Investitionen in die wirtschaftliche Zukunft seien nicht zu erkennen, es enthalte ein bisschen von allem. Zweiter Kritikpunkt: Das Paket sei zu klein. Prognosen besagen, dass die amerikanische Wirtschaft in den nächsten zwei Jahren Nachfrageausfälle in Höhe von etwa zwei Billionen Dollar verkraften muss. Diese Kritiker monieren: Das Konjunkturpaket fällt zu klein aus.
Senator Reid sieht das anders. Er pries den mühsam erzielten Kompromiss als ein Gesetz, das nicht nur Arbeitsplätze für heute schafft. "Es ist auch ein erster Schritt in eine glorreiche Zukunft für unser wundervolles Land."
Präsident Barack Obama wird das Gesetz unterschreiben, sobald Repräsentantenhaus und Senat Ende der Woche dem Kompromiss noch einmal formal zugestimmt haben. Ab dann warten Amerika und die Welt, wie das Konjunkturpaket in der Praxis wirkt.