Folgen von Vandalismus in Zügen Sachschäden, Zugausfälle, Verspätungen
Fußballfans demolierten jüngst eine Regionalbahn und verursachten 25.000 Euro Sachschaden. Hinzu kommen hohe Folgekosten, etwa weil Züge tagelang ausfallen. Wer übernimmt dafür die Verantwortung?
Ein Video zeigt zerkratzte Fensterscheiben, eine abgerissene Deckenverkleidung, Grafitti und Fan-Aufkleber des 1. FC Magdeburg. Zugführer Tobias Brauhart hat das Video online gestellt, das einen demolierten Waggon des Regionalzuges zeigt, mit dem er Magdeburg-Fans nach dem Zweitligaspiel in Berlin Mitte Februar nach Hause gefahren hat.
"Da ist absolutes Unverständnis und natürlich pure Enttäuschung", sagt er. Die Fahrt sei für ihn der absolute Horror gewesen. "Es ist eine Extremsituation, in der man da unterwegs ist." Zwischenzeitlich habe er die Fahrt nur mit 20 Kilometern pro Stunde fortsetzen können, weil Fans im Zug rauchten und so den Feueralarm auslösten. Gleichzeitig gingen immer wieder Notrufe von anderen Fahrgästen ein.
Rasierklingen unter den Aufklebern
Auch der Geschäftsführer der Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft (ODEG), Lars Gehrke, ist entsetzt. Überrascht aber hat ihn die Nachricht nicht. "Wir haben immer mal wieder mit Fußballfans oder vermeintlichen Fußballfans zu tun, die das aus unseren Zügen machen." Vor einiger Zeit sei es Braunschweig gewesen, diesmal eben Magdeburg. Sie hätten es bei diesem Spiel schon vorher geahnt und das Gespräch mit dem Verein und der Polizei gesucht.
Was die ODEG besonders wütend macht, ist, dass unter den Aufklebern zum Teil Rasierklingen angebracht wurden. Beim Entfernen der Aufkleber können sich Menschen so verletzen. "Auch das ist inzwischen keine Ausnahme mehr", sagt Gehrke. Die ODEG hat Strafanzeige gestellt.
Etliche Folgekosten, nicht nur Sachschäden
Der Schaden beläuft sich nach ersten Schätzungen auf mehr als 25.000 Euro. Und das ist nur der Sachschaden. Denn die Bahnunternehmen sind an Verkehrsverträge mit den Verkehrsverbünden der Bundesländer gebunden. Übernehmen sie eine Strecke, müssen sie gewisse Voraussetzungen und Qualitätsstandards garantieren. "Wenn die Fahrzeuge später wieder in den Einsatz gehen und nicht den kompletten Vertragsstandard erfüllen - wie zum Beispiel überall funktionierende WCs, Lichter, Steckdosen -, kostet das ebenfalls Geld."
Hunderttausende Fans fahren jedes Wochenende quer durch die Republik, um ihre Mannschaft anzufeuern. Die große Mehrheit schafft das, ohne zu randalieren. Ein paar wenige allerdings lassen ihren Frust oder ihre Siegesfreude nach dem Spiel an und in den Zügen aus.
Auch bei der Deutschen Bahn kennt man das Problem. Dem Unternehmen entstehen so jährlich Kosten von etwa zwei Millionen Euro. "Diese fallen zum Beispiel durch die Beseitigung von Verschmutzungen, Verwüstungen und Vandalismus an, aber auch durch den Einsatz von zusätzlichen Sicherheitskräften", sagt eine Bahnsprecherin. Fußballspiele seien auch für die Einsatzteams der DB Sicherheit "stets Großeinsätze.
Dazu kommen noch Folgekosten durch Zugausfälle und Verspätungen. Zum einen dann, wenn Züge wegen Randalierern gestoppt werden. Oder wenn beschädigte Wagen nicht mehr einsatzfähig sind. "Die Wagen stehen so für mehrere Tagen bis Wochen nicht dem regulären Betrieb zur Verfügung - im Schnitt zehn Tage", heißt es von der Deutschen Bahn. Die Kosten trügen die betroffenen Eisenbahnverkehrsunternehmen.
Reine Fanzüge, mehr Polizei?
Viel ist in der Vergangenheit über das Problem gesprochen worden. Fans, so eine der Ideen, sollten nur noch mit Sonderzügen zu den Auswärtsspielen ihrer Clubs fahren dürfen, die Vereine die Haftung für Schäden übernehmen. Umgesetzt wurde das nicht. Die ODEG würde sich wünschen, dass DFB, DFL und die Vereine die Verantwortung für ihre Fans auch bei An- und Abreise übernimmt. Verdienen würden sie schließlich genug.
Zumindest sollten die Fanbeauftragten der Vereine in den Zügen mitfahren und beruhigend auf erhitzte und meist auch betrunkene Gemüter einwirken. Nach der Randale vom Wochenende heißt es dazu vom Fanbeauftragten des 1. FC Magdeburg Felix Nebel: "Solche Straftaten erfolgen willkürlich, wir können die Wut und auch der Frust der Geschädigten nachvollziehen." Am Wochenende seien unorganisierte Fans unterwegs gewesen, auf die man nicht einwirken könne.
Von der Bahn heißt es: "Mit vielen Vereinen und Verbänden treffen wir nach und nach immer mehr Vereinbarungen über Kooperationen im Fußballfanreiseverkehr. Dennoch bleibt das Thema schwierig, weil noch lange nicht alle Vereine die Notwendigkeit dafür erkannt haben." Man wünsche sich, "dass Vereine und Fanorganisationen sich mehr darum kümmern, Fananreisen per Bahn durch die Bestellung von Extrazügen zu realisieren."
Randalierer klebten Kameras zu
Die Kosten für die Zerstörung tragen im Idealfall die Verursacher, aber dazu muss man sie natürlich ermitteln können. Im Fall des ODEG-Zuges dürfte das zumindest schwierig werden. Als erstes haben die Täter die Videokameras zugeklebt.
Festnahmen gab es keine. Bundespolizisten waren zwar im Zug dabei, aber zahlenmäßig deutlich unterlegen und deeskalativ aufgestellt. In Genthin, also deutlich vor dem Ziel der Fahrt, verließen sie den Zug - und der Triebwagenfahrer war allein mit den Randalierern. Danach gefragt, was er in diesem Moment dachte, sagt er nur: "Schönen Feierabend."