Prozess gegen früheren VW-Chef Winterkorn weist Vorwürfe zurück
Am zweiten Tag des Strafprozesses gegen ihn hat der frühere VW-Chef Martin Winterkorn die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft von sich gewiesen. Er sei "kein Motorenentwickler" - und von Konzerntechnikern nicht informiert worden.
Der ehemalige VW-Vorstandschef Martin Winterkorn hat im Strafprozess wegen der Dieselaffäre die gegen ihn erhobenen Vorwürfe umfassend zurückgewiesen. Vor dem Landgericht Braunschweig sagte er heute, er habe als Konzernchef in erster Linie strategische Entscheidungen getroffen: "Dagegen ist es nicht Aufgabe eines Vorstandsvorsitzenden, einzelne Herausforderungen an eine technische Entwicklung persönlich zu bewältigen."
Langes Statement
Er sei in die Entscheidungen über die Entwicklung und den Einsatz einer "irregulären Softwarefunktion bei den neuen VW-Dieselmotoren nicht eingebunden" gewesen, sagte Winterkorn in seinem langen Statement, das in Teilen auch von seinen Anwälten vorgelesen wurde. "Ich bin kein Motorenentwickler, ich bin kein Spezialist für Abgasreinigung und auch kein Softwareexperte, der sich mit der Steuerung von Motoren und Abgasreinigungssystemen befasst hat."
Folglich habe er damals auch nicht verstanden, worin die technischen Probleme lagen. Er habe auch nicht erkannt, "dass VW schon seit einigen Jahren mit regelwidrigen Softwareapplikationen in den USA auf dem Markt war". Dazu erforderliche Erläuterungen seiner Techniker habe er nicht erhalten.
Vorwürfe unter anderem des Betrugs
Winterkorn wird von den Strafverfolgern vorgeworfen, dass er deutlich früher über Abgasmanipulation Bescheid wusste, als er bisher angegeben hat. Spätestens seit Mai 2014 war der Angeklagte demnach über den Einsatz einer illegalen Software in den USA informiert. Zudem werfen ihm die Ankläger vor, im September 2015 den Kapitalmarkt vorsätzlich nicht rechtzeitig über Risiken durch Strafzahlungen informiert zu haben. 2017 soll er vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags uneidlich falsche Angaben gemacht haben.
Der frühere Konzernchef muss sich in Braunschweig deswegen wegen Vorwürfen des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs, der Falschaussage und der Marktmanipulation verantworten.
Bis Herbst 2025 insgesamt 90 Verhandlungstermine
Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft träfen ihn "ganz erheblich", führte Winterkorn weiterhin aus. Er habe mit seinem Rücktritt 2015 und auch finanziell "Verantwortung für dieses Desaster" übernommen. "Ich halte es aber für fernliegend, mir einen strafrechtlichen Vorwurf zu machen, wie es die Staatsanwaltschaft Braunschweig mit ihren Anklagen versucht."
Der Prozess hatte am Dienstag begonnen. Angesetzt sind bis zum Herbst kommenden Jahres rund 90 Verhandlungstermine.