Härterer Sparkurs VW schließt Entlassungen nicht mehr aus
Tabubruch bei Volkswagen: Der Autokonzern schließt nicht mehr aus, dass Standorte in Deutschland komplett wegfallen. Die vereinbarte Job-Garantie bis 2029 will VW aufkündigen. Der Betriebsrat kündigt Widerstand an.
Im Rahmen seines Sparkurses schließt Volkswagen erstmals Werkschließungen und Entlassungen in Deutschland nicht mehr aus. Wie der Autobauer heute nach einer Führungskräftetagung mitteilte, kündigt er dafür die bis 2029 geltende Beschäftigungssicherung auf, die seit 1994 immer wieder fortgeschrieben worden war.
VW-Chef Oliver Blume sagte bei der Tagung, die Autoindustrie befinde sich in einer sehr anspruchsvollen und ernsten Lage. "Das wirtschaftliche Umfeld hat sich nochmals verschärft, neue Anbieter drängen nach Europa", erklärte der Auto-Manager laut einer Mitteilung. Der Standort Deutschland falle bei der Wettbewerbsfähigkeit weiter zurück. "In diesem Umfeld müssen wir als Unternehmen jetzt konsequent agieren."
Aus Sicht des Vorstands müssten die Marken innerhalb der Volkswagen AG umfassend restrukturiert werden. "Auch Werkschließungen von fahrzeugproduzierenden und Komponenten-Standorten können in der aktuellen Situation ohne ein schnelles Gegensteuern nicht mehr ausgeschlossen werden."
Zwei Fabriken überflüssig?
In einer Mitteilung des Betriebsrats hieß es, das Management halte mindestens ein größeres Autowerk sowie eine Komponentenfabrik für überflüssig. "Damit geraten alle deutschen Standorte in den Fokus - egal ob Standort der Volkswagen AG oder Tochter-Standort, egal ob west- oder ostdeutsch", hieß es. Welche Werke konkret betroffen sein könnten, blieb zunächst offen.
Der Betriebsratschefin Daniela Cavallo kündigte massiven Widerstand an. Die Pläne seien "ein Angriff auf unsere Beschäftigung, Standorte und Tarifverträge", erklärte sie in einer Sonderausgabe der Betriebsratszeitung "Mitbestimmen". "Damit steht VW selber und somit das Herz des Konzerns infrage. Dagegen werden wir uns erbittert zur Wehr setzen", so Cavallo. "Mit mir wird es keine VW-Standortschließungen geben!"
Weil: Erst andere Möglichkeiten prüfen
Die Arbeitnehmervertreter verfügen bei Volkswagen zusammen mit dem Land Niedersachsen über eine Mehrheit im Aufsichtsrat. Niedersachsens Ministerpräsident und Aufsichtsratsmitglied Stephan Weil forderte den Konzern auf, Standortschließungen zu vermeiden. Der Handlungsbedarf sei unstrittig, jedoch müssten zunächst alle anderen Möglichkeiten zur Kostensenkung geprüft werden. "Dabei erwarten wir, dass sich die Frage einer Schließung von Standorten durch die erfolgreiche Nutzung von Alternativen schlichtweg nicht stellt", so Weil.
"Müssen nochmal nachlegen"
Die Kernmarke Volkswagen ringt seit Jahren mit hohen Kosten und liegt bei der Rendite weit hinter Konzernschwestern wie Skoda, Seat und Audi zurück. Das 2023 aufgelegte Sparprogramm hat zum Ziel, das Ergebnis bis 2026 um zehn Milliarden Euro zu verbessern.
Die jüngsten Rückschläge beim Neugeschäft haben die Lage nun aber weiter verschärft. Um die angepeilten Ergebnisverbesserungen trotzdem zu erreichen, müssten die Kosten nun stärker als bisher geplant sinken. "Der Gegenwind ist deutlich stärker geworden", sagte Markenchef Thomas Schäfer laut Mitteilung. "Wir müssen deshalb jetzt noch mal nachlegen und die Voraussetzungen schaffen, um langfristig erfolgreich zu sein."