Autoindustrie Honda und Nissan verkünden Pläne für Megafusion
Die japanischen Hersteller Honda und Nissan verhandeln schon länger über einen Zusammenschluss - nun sind die Gespräche offiziell. Es könnte der drittgrößte Autokonzern der Welt entstehen, an dem auch Mitsubishi beteiligt ist.
Honda und Nissan haben Gespräche über eine Fusion bestätigt und wollen Mitsubishi Motors daran beteiligen. Auf einer Pressekonferenz in Tokio gaben die drei japanischen Autokonzerne heute eine Vereinbarung über den Beginn der Gespräche bekannt.
Honda und Nissan, Japans zweit- und drittgrößter Autobauer, wollen die Verhandlungen bis Juni 2025 abschließen. Sie erwägen hierzu die Gründung einer Holding zum August 2026, die dann an die Börse gehen könnte. Nissans Partner Mitsubishi Motors wolle bis Ende Januar entscheiden, ob sich der Konzern an einem Zusammenschluss beteiligt, teilten die Unternehmen mit. Nissan ist seit 2016 der größte Anteilseigner von Mitsubishi.
"Honda und Nissan haben begonnen, eine geschäftliche Integration in Betracht zu ziehen, und werden die Schaffung erheblicher Synergien zwischen den beiden Unternehmen in einer Vielzahl von Bereichen prüfen", sagte Nissan-Chef Makoto Uchida. "Der Aufstieg chinesischer Autohersteller und neue Akteure haben die Automobilindustrie stark verändert", erklärte Honda-Chef Toshihiro Mibe. "Wir müssen bis 2030 Fähigkeiten aufbauen, um mit ihnen zu kämpfen, sonst werden wir geschlagen."
Zusammenschluss wäre drittgrößter Autokonzern
Zusammen würden die drei Autobauer mit einem Absatz von mehr als acht Millionen Fahrzeugen den drittgrößten Autokonzern der Welt bilden und an Toyota und Volkswagen heranrücken. Es wäre weltweit der größte Deal in der Branche seit der 52 Milliarden Dollar schweren Fusion zwischen Fiat Chrysler und PSA im Jahr 2021, aus der Stellantis hervorging.
Die Hersteller wollen ihre Ressourcen bündeln, um besser im Wettbewerb mit Tesla und chinesischen Elektrofahrzeugbauern zu bestehen. Japanische Automobilhersteller sind in diesem Geschäft global ins Hintertreffen geraten. Möglicherweise geht es den Unternehmen auch darum, sich für die weitere Präsidentschaft von Donald Trump in den USA zu wappnen. Der Zusammenschluss bietet dem größeren Konzern erweiterte Möglichkeiten der Produktion in den Vereinigten Staaten, um neuen Zöllen auszuweichen.
Kooperation seit März
Nissan und Honda hatten bereits im März angekündigt, künftig bei der Entwicklung von Elektrofahrzeugen und Software-Technologien zusammenzuarbeiten, um ihre Kosten zu senken und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Mitsubishi Motors hatte sich diesen Gesprächen im August angeschlossen.
Nissans Know-how etwa im Bereich der Batterieherstellung dürfte Honda zugute kommen. Durch die großen SUVs, die Nissan baut, könnte sich Honda zudem breiter aufstellen. Im Gegenzug könnte Nissan wirtschaftlich gesunden, urteilt der japanische Wirtschaftsanalyst Hisao Inoue: "Das Management des Unternehmens konzentrierte sich in der Vergangenheit darauf, schnell und ohne große Kosten günstige Autos zu entwickeln und schnelles Geld zu verdienen, was dem Ansehen der Marke Schaden zufügte."
Experten glauben, dass vor allem das japanische Wirtschaftsministerium in den vergangenen Monaten eine Fusion vorangetrieben hat - um zu verhindern, dass ein ausländisches Unternehmen Nissan übernimmt. Der taiwanische Konzern Foxconn hatte mehrfach deutliches Interesse angemeldet.
"Ein Verzweiflungsakt"
Vor allem für Nissan dürfte der geplante Zusammenschluss überlebenswichtig sein, glauben Experten. Im zweiten Quartal dieses Jahres verzeichnete der Autobauer einen Gewinneinbruch von 85 Prozent. Es folgten ein milliardenschweres Sparprogramm und der Abbau von Arbeitsplätzen. Vor allem der harte Preiskampf bei Elektrofahrzeugen zwingt die japanischen Autobauer dazu, die Kosten zu senken und die Entwicklung neuer Modelle zu beschleunigen.
Kritik kam vom ehemaligen Nissan-Chef Carlos Ghosn: "In meinen Augen ist das ein Verzweiflungsakt", erklärte der Manager, der 2018 wegen Betrugs und Missbrauchs von Firmenvermögen verhaftet wurde und dann spektakulär in den Libanon floh. "Es ist kein pragmatischer Deal, weil, offen gesagt, kaum Synergien zwischen beiden Unternehmen zu finden sind. Es gibt praktisch keinen Punkt, wo sich die beiden Unternehmen sinnvoll ergänzen könnten. Sie sind auf denselben Märkten tätig. Sie haben die gleichen Produkte. Die Marken sind sich sehr ähnlich. In gewisser Weise ist es also ein verzweifelter Versuch von Nissan, die Zukunft zu finden."
Zögerliche Haltung könnte Vorteile haben
Manche Probleme von Nissan werden auch von den deutschen Autobauern geteilt, die aber stärker als die Japaner auf die Mobilitätswende in Richtung E-Auto gesetzt hatten. In den vergangenen Monaten kündigten etliche deutsche Hersteller und Zulieferer den Abbau von Stellen im großen Stil an, etwa Bosch und Schaeffler. Mercedes-Benz hat ebenfalls Sparmaßnahmen verkündet. Auch Volkswagen macht die harte Konkurrenz auf dem chinesischen Markt zu schaffen: Der Autobauer will bis 2030 mehr als 35.000 Stellen sozialverträglich abbauen.
Der Nachholbedarf, den viele Beobachter den japanischen Konzernen im E-Autobau bescheinigen, könnte sich aber noch als strategischer Vorteil erweisen: Sie könnten aus Fehlern lernen, die ihre europäischen Wettbewerber etwa in puncto Ausstattung und Modellpalette begangen haben.
Mit Informationen von Thorsten Iffland, ARD Tokio.