Der Schriftzug Galeria ist an der Fassade einer Filiale am Münchner Marienplatz zu sehen.

Insolvenzverfahren endet Neustart für Galeria?

Stand: 29.07.2024 13:35 Uhr

Das dritte Insolvenzverfahren von Galeria endet in wenigen Tagen, ab August übernehmen die neuen Eigentümer. Einzelhandelsexperten sind skeptisch, ob die Modernisierung gelingt.

Nach sieben Monaten Insolvenzverfahren kann der Warenhauskonzern Galeria ab August wieder auf eigenen Beinen stehen. Dafür hat das Amtsgericht Essen den Weg frei gemacht, indem es das Insolvenzverfahren zum Ende des Monats aufgehoben hat.

Der bisherige Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus zeigt sich zuversichtlich, die wirtschaftliche Ausgangslage sei gut: "Es ist gemeinsam gelungen, die Kostenstruktur in weiten Teilen auf ein angemessenes Niveau zu reduzieren", so Denkhaus. Auch der Name wird sich ändern. Statt "Galeria Karstadt Kaufhof" heißt das Unternehmen nur noch "Galeria".

Ein Lichtblick für die Beschäftigten ist, dass weniger Filialen geschlossen werden, als noch zu Beginn des Insolvenzverfahrens geplant. Im April standen 16 Filialen auf der Schließungsliste, inzwischen sind es neun. Von den bisher 92 Häuser bleiben also immerhin 83 erhalten. Die Unternehmenszentrale wird verkleinert und zieht von Essen nach Düsseldorf um.

Mehr lokale Ausrichtung und Filialmodernisierungen

Während des Insolvenzverfahrens wurden neue Eigentümer für Galeria gefunden. Ab August gehört der Konzern einem Konsortium, das vom Mannheimer Unternehmer Bernd Beetz und dem US-Investor Richard Baker getragen wird. Beetz verspricht eine "neue Unternehmenskultur". Ziel sei es, "unsere Filialen attraktiver zu gestalten, Leistung stärker zu belohnen und die Zufriedenheit unserer Kunden zu steigern."

Galeria-Geschäftsführer Olivier Van den Bossche kündigt an, das Unternehmen wolle sich auf seine "Kernkompetenz als Warenhaus" konzentrieren. "Die bereits erfolgreiche lokale Ausrichtung wird noch weiter ausgebaut", so Van den Bossche, zudem werde es Filialmodernisierungen geben.

Handelsexperten warnen vor vierter Insolvenz

Der Konzern musste in den vergangenen Jahren bereits drei Insolvenzverfahren durchlaufen. Können die Neuerungen nun endlich zum Erfolg führen? Einzelhandelsexperten äußern sich skeptisch.

Nach Einschätzung von Martin Fassnacht, Professor an der Wirtschaftshochschule WHU, ist für Galeria kein Platz im Markt. "Im Textilbereich gibt es sehr viel Konkurrenz, beispielsweise C&A und Peek & Cloppenburg, denen es selbst nicht gut geht. Dazu kommen erfolgreiche Discounter wie KiK und Woolworth", so Fassnacht im Gespräch mit tagesschau.de. Auch im Kosmetikbereich und im Onlinehandel gebe es bereits starke Konkurrenz.

"Um mit Onlinehandel Geld zu verdienen, muss man zuerst jahrelang investieren. Das Geld dafür hat Galeria nicht. Da hätte man vor vielen Jahren investieren müssen," sagt Fassnacht. Ein erfolgversprechendes Geschäftsmodell für den Warenhauskonzern sieht er nicht, stattdessen hält er eine vierte Insolvenz für realistisch.

Insolvenzverwalter bittet um "Schonfrist"

Geht es nach Gerrit Heinemann, Handelsexperte von der Hochschule Niederrhein, ist eine vierte Insolvenz sogar unvermeidbar. "Es ist alles versucht worden, und es gibt keine Lösung", so Heinemann.

Der bisherige Insolvenzverwalter Denkhaus bittet um etwas Geduld und Zeit für das neue Führungsteam. In der Politik sei es üblich, neuen Regierungen eine Schonfrist von 100 Tagen zu geben. Das wünscht er sich auch für die neuen Eigentümer. Am besten wären gleich 300 Tage, so Denkhaus.

Tarifauseinandersetzung mit ver.di

Eine zusätzliche Belastung für Galeria ist die Auseinandersetzung mit der Gewerkschaft ver.di. Die Gewerkschaft fordert, dass Galeria wieder in den Flächentarifvertrag des Einzelhandels zurückkehren soll. Aus Sicht des Unternehmens ist das finanziell nicht machbar, es schlägt einen Warenhaus-Tarifvertrag vor. 

Laut ver.di bewegt sich das aktuelle Angebot von Galeria fast 30 Prozent unter dem Niveau des Flächentarifvertrags. Auch angesichts des Spardrucks, unter dem das Unternehmen steht, sei das nicht akzeptabel, sagt Corinna Groß, Bundesfachgruppenleiterin Einzelhandel ver.di. Ohne die Beschäftigten werde Galeria nicht überleben.