Bitcoin & Co. Kryptobörse FTX ist zahlungsunfähig
Die Schieflage von FTX, einer großen Handelsplattform für Digitalwährungen, sorgt für Turbulenzen in der gesamten Branche. Nach gescheiterten Rettungsversuchen ist die Kryptobörse nun zahlungsunfähig. Vorstandschef Bankman-Fried tritt zurück.
Nachdem die Hiobsbotschaften um FTX Digital Markets nicht abreißen wollten, ist die Kryptobörse jetzt offiziell zahlungsunfähig. Der Konzern beantragte nach gescheiterten Rettungsversuchen Gläubigerschutz in den USA, wie FTX mitteilte. Zudem gab Firmengründer Sam Bankman-Fried seinen Rücktritt bekannt, erklärte aber, er wolle noch die ordentliche Übergabe an den neuen Chef John J. Ray III. begleiten.
Der 30-jährige Ex-Wall-Street-Händler hatte bis zuletzt händeringend nach frischem Kapital gesucht, um den erst vor dreieinhalb Jahren gegründeten Handelsplatz für Kryptowährungen wie Bitcoin zu retten. Auch das mit FTX verbundene Krypto-Brokerhaus Alameda Research und rund 130 weitere Firmen flüchteten sich unter den Gläubigerschutz nach Kapital 11 der US-Insolvenzordnung. Alameda galt als Auslöser für die Turbulenzen bei einer der weltweit größten Kryptobörsen.
Vermögenswerte bereits eingefroren
Bereits gestern Abend hatte die Wertpapieraufsicht der Bahamas berichtet, Vermögenswerte von FTX eingefroren und einen Insolvenzverwalter für die Abwicklung einberufen zu haben. Einen entsprechenden Gerichtsantrag habe die Aufsichtsbehörde bereits gestellt. Das internationale Geschäft des Konzerns ist auf den Bahamas ansässig. FTX steht laut der dortigen Wertpapieraufsicht unter anderem unter Verdacht, Kundengelder veruntreut zu haben.
Die US-Börsenaufsichtsbehörden SEC und CFTC nahmen einem Insider zufolge ebenfalls Ermittlungen gegen FTX auf. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin erklärte, sie beobachte auch den Krypto-Markt genau. FTX unterliege aber nicht ihrer Aufsicht.
FTX Digital Markets ist ein Unternehmen aus dem Krypto-Imperium von Tech-Unternehmer Bankman-Fried und betreibt die strauchelnde Kryptobörse FTX.com. Die Schieflage der großen Handelsplattform für Digitalwährungen hält den Kryptomarkt seit Tagen in Atem. Sie war am Sonntag in Zahlungsschwierigkeiten geraten, nachdem Zweifel an den Kapitalreserven zu einer Kundenflucht und Mittelabzügen im Milliardenvolumen geführt hatten.
Binance-Übernahme gescheitert
Viele Kunden fürchten seitdem um ihr Geld. So stoppte die Kryptobank BlockFi, die im Sommer von FTX übernommen werden sollte, vorerst sämtliche Abhebungen von Kundengeldern. Beim Brokerhaus Genesis stehen nach eigenen Angaben 175 Millionen Dollar im Feuer, die in Handelsgeschäften an der FTX stecken. Dabei hatte Bankman-Fried noch in dieser Woche versichert, dass alle Einlagen geschützt seien und voll ausgezahlt würden. Gerüchte über eine Geldnot hatte der 30-Jährige als falsch zurückgewiesen.
Gleichzeitig hatte die Führungsspitze des Konzerns jedoch mit Konkurrenten und anderen Investoren über eine milliardenschwere Finanzspritze verhandelt, um das Unternehmen zu retten - was misslang. Am Mittwoch hatte es zunächst so ausgesehen, als ob der Konkurrent Binance das Unternehmen übernehmen würde. Die weltgrößte Kryptobörse nahm nach einer umfassenden Betriebsprüfung jedoch Abstand von der geplanten Übernahme der Sparte FTX.com.
Der Liquiditätsengpass soll sich Branchenkreisen zufolge auf sieben Milliarden Dollar belaufen. Es könnten allerdings auch mehr sein: So versuchte FTX zeitweise von Investoren und Rivalen finanzielle Unterstützung im Volumen von rund 9,4 Milliarden Dollar zu erhalten, wie die Nachrichtenagentur Reuters einen Insider zitiert.
Regulatorische Konsequenzen?
Gestern hatte Bankman-Fried bei Twitter noch versucht, die Lage zu beruhigen und behauptete, FTX.us sei zu "100 Prozent liquide". Doch zugleich kündigte die Plattform an, den Handel womöglich für ein paar Tage auszusetzen. US-Medien berichteten zudem, dass Mitarbeiter in den USA in einer Art Notverkauf versuchten, Firmenteile zu Geld zu machen.
Nun könnten die Turbulenzen nicht nur für Kunden, die eventuell ihr Geld verlieren, sondern für die ganze Branche Folgen haben. "Das jüngste Wirrwarr ähnelt dem Wilden Westen und dürfte regulatorische Konsequenzen nach sich ziehen. Somit forcieren die Entwicklungen nicht zuletzt auch den regulatorischen Druck rund um den Globus", sagte Bitcoin-Fachmann Timo Emden von Emden Research. Tatsächlich werden Forderungen nach einer strengeren Regulierung des Sektors lauter.
Bitcoin unter Druck
Die Zukunft von FTX hinterlässt auch Spuren in den Kursen der Kryptowährungen. Am Mittwoch war die älteste Cyberdevise Bitcoin im Zuge der Turbulenzen erstmals seit 2020 unter die Marke von 16.000 Dollar gefallen. Nach den US-Inflationsdaten stieg der Kurs gestern jedoch wieder über 17.000 Dollar. Nach den neuesten Nachrichten schmiert er heute wieder ab.
Der Bitcoin steht indes schon seit längerem unter Druck. In den vergangenen zwölf Monate verlor er rund 70 Prozent seines Wertes.