Verluste am Kryptomarkt Die Gründe des Bitcoin-Absturzes
Die rasanten Wertverluste der Kryptowährungen lassen bei vielen die Alarmglocken schrillen. Von einem Crash ist die Rede. Was sind die Auslöser - was die Folgen? Und droht den Kryptomarkt eine längere Abwärtsspirale?
Für den US-Rapper Jay-Z und Twitter-Gründer Jack Dorsey sollte es ein großer Auftritt werden. Sie wollten ärmeren Menschen im New Yorker Stadtteil Brooklyn eigentlich kostenlose Bitcoin-Kurse spendieren, um über das Thema aufzuklären und Wissen zu vermitteln. Doch nach diesem Wochenende dürfte das Interesse nicht mehr allzu groß sein: Die größte und älteste Kryptowährung Bitcoin stürzte um bis zu 14 Prozent ab auf unter 18.000 US-Dollar - der tiefste Stand seit Ende 2020.
Anleihen mit der Zinswende wieder interessanter
Bei dieser Entwicklung spielten die Sorgen an den Finanzmärkten insgesamt eine wichtige Rolle, sagt Sören Hettler, Analyst bei der DZ-Bank. "Das sind mehrere Baustellen, die hier zusammenkommen", sagt er. "Zum einen die deutlich restriktiver auftretenden Zentralbanken, die klar gemacht haben, dass sie gegen die hohen Inflationsraten vorgehen werden - und zwar mit Entschlossenheit und höheren Leitzinsen. Das ist ein Punkt, der dem Kryptomarkt zu schaffen macht."
Privatanleger und große Investoren ziehen ihr Geld aus Kryptowährungen ab, weil durch das Vorgehen der Zentralbanken risikoärmere Investments - wie zum Beispiel Anleihen - wieder interessanter werden.
Vertrauensverlust durch hausgemachte Probleme
Doch die Abwärtsspirale von Bitcoin, Ethereum & Co. ist auch hausgemacht. Da ist zum Beispiel Celsius Network, eine Art Bank, die auch Kryptowährungskredite vergibt und sehr hohe Renditen verspricht. Aus Sorge vor einer finanziellen Schieflage musste Celsius den Zahlungsverkehr vergangene Woche aber einfrieren. Überweisen, umtauschen oder auszahlen von Währungen ist seither nicht mehr möglich. Ein herber Vertrauensverlust.
Man steuere durch große Herausforderungen, sagte Celsius-Chef Alex Mashinsky in einem kurzen Video. Man wolle jetzt "Liquidität stabilisieren". Die Community beruhigt das in den Sozialen Netzwerken kaum. Sogar der Chef der US-Börsenaufsicht SEC ruft Anleger zu mehr Skepsis auf.
Für Volker Brühl vom Center for Financial Studies an der Universität Frankfurt zeigt der Fall Celsius, dass das Problem in der "mangelnden Regulierung und Aufsicht" liege. Denn Transparenz und Anlegerschutz griffen "bei solchen Plattformen entweder gar nicht oder nur teilweise, und das merken jetzt die Investoren".
Massive Wertverluste seit Jahresbeginn
Allein seit Anfang des Jahres hat der Bitcoin mehr als 60 Prozent seines Wertes verloren. Ethereum, die zweitgrößte Kryptowährung, büßte sogar mehr als 70 Prozent an Wert ein. Für Turbulenzen sorgte auch der jüngste Crash des Kryptoprojekts Terra USD - ein Coin, der eigentlich besser vor Risiken schützen sollte. In der Praxis funktionierte das nicht.
Immer wieder gibt es in der Kryptowelt große Ausschläge nach oben und unten. Experte Brühl schließt eine längere Abwärtsspirale bei Bitcoin & Co. derzeit nicht aus. "Dieser Trend kann eigentlich nur dann durchbrochen werden, wenn viele Investoren der Auffassung sind, dass die Währungen jetzt einen gewissen Bodensatz erreicht haben, dass sie fundamental unterbewertet sind und so weiter, sodass eben mehr Kaufinteresse entsteht", sagt Brühl.
Folgen für Anleger, Hedgefonds und El Salvador
Die hohen Verluste haben jetzt schon schmerzhafte Auswirkungen - nicht nur für Privatanleger. Ein Hedgefonds aus Singapur erwägt einen Notverkauf von Unternehmensanteilen.
Viel gefährlicher ist der Crash bei Kryptowährungen allerdings für El Salvador. Das arme mittelamerikanische Land hat den Bitcoin vor Monaten neben dem Dollar zu seiner Landeswährung gemacht und groß investiert. Das könnte jetzt zu großen Problemen führen.