IW-Studie Jede vierte weibliche Führungskraft in Teilzeit
Die Mehrheit der Führungskräfte ist immer noch männlich, bei Teilzeit-Führungspositionen liegen Frauen hingegen vorn. Insgesamt werden Teilzeitmodelle auch für Bosse immer relevanter.
Knapp drei Viertel der Führungskräftestellen, die in Teilzeit vergeben sind, werden von Frauen besetzt. Das geht aus einer Untersuchung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums hervor, aus der die Nachrichtenagentur dpa zitiert. Insgesamt arbeiten den Daten zufolge 27,7 Prozent der weiblichen Führungskräfte in Teilzeit aber nur 4,9 Prozent der männlichen.
Allerdings arbeitete im vergangenen Jahr laut Daten der Bundesagentur für Arbeit deutschlandweit nur etwa jeder Achte (12,2 Prozent) der insgesamt knapp zwei Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Führungspositionen in Teilzeit. Entsprechende Modelle gewinnen jedoch an Relevanz. 2013 lag der Anteil noch bei 8,9 Prozent. Frauen besetzen in Deutschland laut IW etwa ein Drittel der Führungspositionen.
Teilzeitpositionen für Führungskräfte positiv für Frauenanteil
Große Unterschiede zwischen den Geschlechtern zeigen sich bei den Gründen für eine Führungsstelle in Teilzeit. 46,9 Prozent der weiblichen Teilzeitführungskräfte geben persönliche und familiäre Verpflichtungen an, bei männlichen nur 17,9 Prozent. Häufigster Grund bei Männern ist der Wunsch nach einer Teilzeit-Tätigkeit, so das IW.
In einem IW-Kurzbericht zum Thema aus dem vergangenen Dezember heißt es, Führungspositionen in Teilzeit kämen dem Wunsch vieler nach kürzeren Arbeitszeiten entgegen und böten eine Möglichkeit, die Vereinbarkeit von Karriere und Familie zu gestalten. Dies könne sich insbesondere positiv auf den Frauenanteil unter den Führungskräften auswirken, so die Einschätzung des IW.
Ein Mittel gegen Führungskräftemangel?
Teilzeit-Führungsmodelle sind je nach Branche und Unternehmensgröße sehr unterschiedlich stark verbreitet. Besonders hoch ist der Anteil mit knapp einem Drittel in Berufen des Bereichs Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung. Besonders niedrig ist er in der Rohstoffgewinnung, Produktion und Fertigung sowie bei Bau, Architektur, Vermessung und Gebäudetechnik.
"Führung in Teilzeit ist insbesondere in den Bereichen verbreitet, in denen überwiegend Frauen arbeiten, während in männerdominierten Berufsbereichen Führung in Teilzeit eher die Ausnahme ist", sagt IW-Studienautorin Lydia Malin. In kleineren Betrieben mit bis zu 49 Mitarbeitenden ist der weibliche Anteil an den Teilzeitführungskräften deutlich höher (30,7 Prozent) als in großen Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten (22,4 Prozent).
Laut Malin haben Teilzeit-Führungsmodelle für Unternehmen mehrere Vorteile. "Um dem Führungskräftemangel entgegenzuwirken, können Unternehmen den Kreis potenzieller Führungskräfte erweitern, indem sie durch Teilzeitmodelle ein größtmögliches Maß an Flexibilität ermöglichten."
Maßgeschneiderte Angebote helfen
Expertin Malin empfiehlt Unternehmen, bei der Ausschreibung einer Führungsposition explizit zu erwähnen, dass diese auch in Teilzeit ausgeübt werden kann. Maßgeschneiderte Angebote wie Kooperationen mit Kindertagesstätten oder Betriebskindergärten könnten helfen, um Bewerber zu gewinnen. Dennoch müssen auch Teilzeit-Führungskräfte mit Mehrarbeit rechnen. In einer IW-Umfrage gab jeder zweite Personalverantwortliche an, dass die Führungsverantwortung auch in Teilzeit ein hohes zeitliches Engagement mit der Bereitschaft zu regelmäßigen Überstunden voraussetzt.
Im zitierten IW-Kurzbericht heißt es dazu, nahezu 70 Prozent der Personalverantwortlichen seien der Auffassung, dass Führung in Teilzeit in ihrem Unternehmen nur dann funktionieren könne, wenn auch die Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung (mehr) unternehmerische Verantwortung übernähmen.
Auch unter allen Beschäftigten arbeiten Frauen sehr viel häufiger in Teilzeit. Laut dem Statistischen Bundesamt lag die Teilzeitquote 2022 bei 49 Prozent, bei Männern nur bei knapp 13 Prozent. Eine Erklärung dafür bietet eine kürzlich veröffentlichte Untersuchung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Darin gaben mehr als zwei Drittel der Mütter an, den überwiegenden Teil der Sorgearbeit zu leisten. Bei Vätern waren es vier Prozent.
Frauen bei Bonuszahlungen benachteiligt
Unterdessen kommt das ifo-Institut in einer aktuellen Studie zum Ergebnis, dass Frauen nicht nur beim Grundgehalt, sondern auch bei Bonuszahlungen benachteiligt sind. In Deutschland bekommen Frauen bei Bonuszahlungen durchschnittlich 6,1 Prozent weniger, wie die heute präsentierte Analyse des ifo Instituts und der Unternehmensberatung Mercer für über 270 Unternehmen in Österreich, Deutschland und der Schweiz zeigen.
In Österreich beträgt die Lücke zwischen Männern und Frauen 7,2 Prozent. Die Unternehmen in der Schweiz zahlen Frauen durchschnittlich 5,2 Prozent weniger Bonus.
"Die geschlechtsspezifische Lohnlücke bei den Bonuszahlungen ist deutlich größer als beim Grundgehalt. Wegen dieser großen Unterschiede fällt die Lücke beim Gesamtgehalt nochmals deutlich größer aus", sagte ifo-Forscherin Michaela Paffenholz. In Deutschland beträgt die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen beim Grundgehalt 2,7 Prozent. Durch Bonuszahlungen erhöht sie sich auf 3,0 Prozent beim Gesamtgehalt.