Festgefahrener Tarifkonflikt EVG droht mit massiven Bahnstreiks
"Wir könnten die Bahn wochenlang lahmlegen" - mit dieser Aussage baut die EVG-Verhandlungsführerin Druck auf. Sie beschreibt, wie die Gewerkschaft Warnstreiks bald ausweiten könnte und weist die Schuld der Deutschen Bahn zu.
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat mit einer massiven Ausweitung der Warnstreiks bei der Deutschen Bahn gedroht. "Die nächsten Streiks werden länger dauern", sagte EVG-Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay der "Süddeutschen Zeitung". Offenbar müssten die Auswirkungen der Arbeitsniederlegungen massiver sein, "damit es dem Arbeitgeber wehtut".
Als mögliche Szenarien nannte Ingenschay wechselnde Warnstreiks verschiedener Berufsgruppen innerhalb des Bahn-Konzerns oder gestaffelte Aktionen nacheinander in verschiedenen Regionen. "Die neuen Streiks könnten sich mehrere Tage auswirken", sagte sie der Zeitung. "Wir könnten die Bahn wochenlang lahmlegen." Das System der Bahn sei "so fragil, wenn wir da ein paar Stellwerke rausnehmen, dann bricht alles zusammen".
"Wir könnten die Bahn wochenlang lahmlegen", sagt EVG-Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay.
"Die Bahn provoziert die neuen Streiks"
Ingenschay betonte zugleich: "Wir wollen Streiks wenn möglich vermeiden. Wir wollen die Reisenden gar nicht treffen." Die bisherigen beiden Warnstreiks hätten ihrer Ansicht nach reichen müssen, um ein verhandlungsfähiges Lohnangebot des Konzerns zu bekommen. "Aber die Bahn ist offenbar nicht an ernsthaften Verhandlungen interessiert. Personalvorstand Martin Seiler ist am Mittwoch abgereist, statt ein ernsthaftes Angebot zu machen", sagte die EVG-Verhandlungsführerin mit Blick auf die am Mittwoch ergebnislos beendete dritte Verhandlungsrunde.
Die Bahn ignoriere die Vorbedingungen der Gewerkschaft. Unter anderem müsse die Bahn vorab zustimmen, den gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro im Tarifvertrag festzuschreiben. "Es ist die Bahn, die die neuen Streiks provoziert", fügte Ingenschay hinzu.
Bahn spricht von höchstem Angebot ihrer Geschichte
Beide Seiden werfen sich allerdings gegenseitig vor, nicht verhandlungsbereit zu sein. Bahn-Personalvorstand Seiler hatte das Angebot des Konzerns am Mittwoch als das höchste in der Geschichte der Deutschen Bahn bezeichnet. Die Offerte umfasse zehn Prozent mehr Lohn für untere und mittlere Einkommen, acht Prozent mehr Geld für höhere Einkommen sowie zusätzlich 2850 Euro Inflationsausgleichsprämie für alle. Dass der Konzern die Gesprächsrunde am Mittwoch für beendet erklärt hatte, begründete er mit der Weigerung der Gewerkschaft, über das neue Angebot der Bahn zu verhandeln.
Die EVG fordert zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr. Die Gewerkschaft verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte bei rund 50 Bahn- und Busunternehmen. Sie hatte am vergangenen Freitag mit einem achtstündigen Warnstreik den Bahnverkehr in ganz Deutschland weitgehend lahmgelegt. Der nächste Verhandlungstermin bei der Bahn ist für Ende Mai angesetzt.