Baufirmen fehlt Nachwuchs Wer saniert die maroden Brücken?
Tausende marode Brücken müssen saniert werden. Dabei nehmen die Beton- und Stahlbetonbauer eine Schlüsselrolle ein. Doch die Branche tut sich zunehmend schwer, ausreichend Auszubildende zu gewinnen.
Mehr als 10.000 Brücken allein auf Autobahnen und Bundesstraßen müssen laut Bundesverkehrsministerium saniert werden. Das solle bis 2032 geschehen mit mehr als 400 Brückensanierungen pro Jahr. Neben ausreichend Finanzmitteln braucht es dafür vor allem eins: ausreichend qualifizierte Fachkräfte. Vorrangig sind dabei Beton- und Stahlbetonbauer gefragt, um die teils komplizierten Bauarbeiten durchzuführen.
Die zu bekommen, wird für die Unternehmen zur Mammutaufgabe. "Ein wesentlicher Grund dafür ist die demographische Entwicklung, die dazu führt, dass die Zahl der potenziellen Nachwuchskräfte sinkt", heißt es vom Verband der Bauwirtschaft Baden-Württemberg. Laut einer Verbandsumfrage klagen derzeit etwa 44 Prozent der Unternehmen über Arbeitskräftemangel.
Nachwuchssorgen verschärfen Fachkräfteproblem
Der demografische Wandel lässt derzeit und in den kommenden Jahren viele Arbeitskräfte der sogenannten Babyboomer in den Ruhestand gehen. Ihr Weggang reißt eine Lücke, die nur mit ausreichend Azubis mittel- und langfristig kompensiert werden könnte. Doch der Nachwuchs steht nicht in der benötigten Anzahl zur Verfügung. Laut Handwerkskammer Freiburg sind die Auszubildendenzahlen seit dem letzten Jahr im Beton- und Stahlbetonbau sogar gesunken, anstatt so zu steigen, wie es nötig wäre.
Dass es in den vergangenen Jahren keinen klaren Trend nach unten gibt, liege auch an gezielter Zuwanderung. Die Anzahl ausländischer Auszubildender hat sich laut Handwerkskammer in den letzten zehn Jahren verdoppelt. "Aus Indien und Vietnam stammt jeweils eine höhere zweistellige Zahl an Auszubildenden, aber auch aus Rumänien und Balkanstaaten wie Albanien, Bosnien, Kosovo oder Nordmazedonien stammen mehrere Azubis."
Lieber ins Büro als auf den Bau
Dass es immer schwerer werde, Auszubildende zu finden, das merken auch die Unternehmen, wie die Firma Leonhard Weiss aus Crailsheim. Brückenbau, Brückensanierungen sind eine große Aufgabe der Firma mit mehr als 7.000 Mitarbeitern. Nachwuchs als Beton- und Stahlbetonbauer suchen sie hier dringend. "Viele junge Menschen denken sich vielleicht, 'ich mach lieber etwas im Büro'."
Ein Grund dafür seien die Arbeitsbedingungen auf der Baustelle. "Dort ist man der Witterung ausgesetzt - im Sommer wie im Winter. Man muss körperlich fit sein, und der Arbeitstag ist körperlich anstrengend." Um den Nachwuchs auch die positiven Seiten des Berufs näherzubringen, investiert das Unternehmen nach eigenen Angaben deutlich mehr in die Gewinnung von Auszubildenden als früher. Der Job sei abwechslungsreich, anspruchsvoll und zukunftsfähig. Außerdem schaffe man bleibende Bauwerke, auf die man stolz sein könne.
Weniger Azubis - Weniger Kapazität - Schlechtere Qualität
Stolz auf seine Bauwerke ist auch Timo Roth. Er ist seit etwa zehn Jahren Bauingenieur bei der Stadt Ulm und spezialisiert auf den Brückenbau und die Brückensanierung. Den Fachkräftemangel in der Branche spüre er in den letzten Jahren hauptsächlich durch die schwindende Qualität.
"Speziell im Bereich der Betoninstandsetzung und -sanierung ist ein fachtechnisches Können gefragt." Angelernte Fachkräfte aus dem Ausland könnten dieses oft nicht in ausreichendem Maß vorweisen. Für Roth bedeute das, er müsse öfter nachkontrollieren, um rechtzeitig einzuschreiten, wenn mit Spezialbaustoffen wie Kunstharz oder hochvergütetem Reparaturmörtel gearbeitet werde.
Geld allein wird das Problem nicht lösen
Mehr Geld in die Reparatur und Sanierung von Brücken zu investieren, sei zwar wichtig, allerdings würde das allein nicht reichen. "Meiner Meinung nach gibt es nicht genügend Kapazität, dieses Geld auch zu verbauen." Roth ist sich sicher, das liegt auch an mangelndem Nachwuchs. Ohne ausreichend Fachkräfte würden Aufträge immer öfter ins Ausland abgegeben, und auch das lasse dann die Qualität der Arbeiten sinken.
Roth fordert deshalb unter anderem mehr Förderungen für das Einstellen von Azubis. Nur woher diese nehmen? Da teilt Roth die Einschätzung der Baufirma Leonhard Weiss. "Kaum jemand will noch bei Wind und Wetter den ganzen Tag draußen schwer arbeiten." Mittlerweile hätten einige Unternehmen bereits auf eine Vier-Tage Woche umgestellt, um den Job attraktiver zu machen.