Immer weniger Baugenehmigungen Krise beim Wohnungsbau verschärft sich weiter
Der Abwärtstrend der Baubranche beschleunigt sich weiter. Die Zahl der Baugenehmigungen ist zum Ende des abgelaufenen Jahres noch einmal drastisch zurückgegangen. Die Hoffnung liegt auf fallenden Zinsen in diesem Jahr.
Deutschland hängt seinen eigenen Zielen beim Wohnungsbau immer weiter hinterher. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, ist die Zahl der Baugenehmigungen für neue Wohnungen im November weiter zurückgegangen. Sie sank auf 20.200, was im Vorjahresvergleich ein Minus von 4.100 Genehmigungen oder 16,9 Prozent bedeutet. Die Genehmigungszahlen gehen seit Monaten mit zweistelligen Raten zurück.
Außerdem beschleunigt sich die Talfahrt der Branche: Im Oktober hatte der Rückgang zum Vorjahr noch 11,5 Prozent betragen. Von Januar bis einschließlich November 2023 lief damit ein Minus von 25,9 Prozent auf 238.500 Wohnungen auf. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) hatte kürzlich gesagt, sie rechne mit rund 270.000 fertiggestellten neuen Wohnungen im Jahr 2023.
Bauindustrie fordert Bürokratiereform
Gründe für die Flaute in der Bauwirtschaft sind vor allem teure Baumaterialien und hohe Zinsen. Der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) liegt aktuell bei 4,5 Prozent. Vor einem Jahr hatte dieser noch bei 2,5 Prozent gelegen. Allerdings wird an den Finanzmärkten spätestens ab Sommer mit Zinssenkungen gerechnet, wodurch die Baufinanzierung merklich günstiger werden dürfte.
"Die Branche braucht Investitionsanreize für mehr bezahlbaren Wohnungsbau", forderte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller. Hilfreich wären ein Zinsverbilligungsprogramm und eine Vereinfachung der Bürokratie. "Standards und Gebäudeanforderungen müssen runter, der Weg für serielles Bauen und Sanieren freigemacht, der digitale Bauantrag eingeführt und bundesweit einheitliche, digitale Verwaltungsprozesse etabliert werden", sagte Müller.
Prognose für laufendes Jahr sieht nicht besser aus
Die Bundesregierung hat sich das Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen gesetzt. Auch 2024 dürfte diese Zahl klar verfehlt werden. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) geht davon aus, dass in diesem Jahr 265.000 Wohnungen gebaut werden. Im Jahr 2022 waren noch 295.300 Wohnungen fertiggestellt worden.
Besonders bezahlbarer Wohnraum für Einkommensschwächere fehlt: Laut einer Studie des Bündnisses "Soziales Wohnen", dem unter anderem mehrere Sozialverbände angehören, gibt es 910.000 Sozialwohnungen zu wenig. Geywitz spricht von einer großen Lücke: "In der Bundesrepublik gab es auch schon Zeiten mit drei Millionen Sozialwohnungen", sagte die Ministerin tagesschau24. Ende 2022 gab es laut einer Studie der Branche rund 1,088 Millionen Sozialwohnungen.
Genehmigungen von freistehenden Häusern brechen ein
Auch in anderen Bereichen der Baubranche gingen die Genehmigungen teilweise sehr stark zurück. Bei Einfamilienhäusern gab es von Januar bis November einen Rückgang um 38,6 Prozent auf 44.500, bei Zweifamilienhäusern sogar ein Minus von 49,2 Prozent auf 13.300. Bei Mehrfamilienhäusern verringerte sich die Zahl um 23,8 Prozent auf 130.400.
Das einzige Plus in der aktuellen Statistik gab es bei Wohnheimen: Dort stieg die Zahl der Genehmigungen um 29,4 Prozent auf 8.500. Die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes basieren teilweise auf Schätzungen, weil aus Niedersachsen keine Zahlen für den November vorlagen.