Vermarktung des Kino-Erfolgs Der "Barbie"-Effekt
Pink scheint die Farbe des Sommers zu sein - bei Nagellack, Brotdosen oder Nachttischlampen. Wie Marketing-Strategen versuchen, aus dem enormen Erfolg des "Barbie"-Films Gewinn zu schlagen.
Es fängt schon bei der Suchmaschine Google an: Wer "Barbie" eingibt, dem fallen glitzernde Sternchen in Rosa entgegen. Der Schuhhersteller Deichmann verkauft knallpinke Stiefeletten, und auf den Turnschuhen glitzert in Strasssteinchen der Name Barbie. So geht es weiter: Kaum eine Modekette, die nicht ihre Kundschaft mit entsprechenden T-Shirts, Badeanzügen oder Bettwäsche versorgen will.
Seit 60 Jahren ist schließlich keine Generation ohne Barbie aufgewachsen. Lange gehörte sie quasi zur Kinderzimmer-Einrichtung dazu. Die Kunststoff-Puppe und ihr Begleiter Ken legten eine beispiellose Karriere hin - zumindest wenn es um ihren Bekanntheitsgrad geht.
Schon über eine Milliarde Dollar eingespielt
Doch in den vergangenen Jahren fielen die Barbie-Umsätze für den Spielzeughersteller Mattel weniger rosig aus. Auch wenn sich das Unternehmen anstrengte, über mehr Diversität bei den Puppen das Geschäft wieder anzukurbeln, stellte sich der Erfolg nicht mehr so recht ein. Allein ein Blick auf das erste Quartal 2023 zeigt: Der Absatz brach um rund 41 Prozent ein.
Nun könnte mit dem Hollywood-Blockbuster die Wende kommen. 459 Millionen Dollar hat der "Barbie"-Film bereits in den USA eingespielt, 572 Millionen Dollar im Ausland. Dem gegenüber stehen Ausgaben für Produktions- und Werbekosten von etwa 260 Millionen Dollar.
Über 100 Marken-Kooperationen
Der Konzern verspricht sich von dem Film nicht nur, mehr Barbie-Puppen zu verkaufen - er ist vielmehr der Ausgangspunkt einer breit angelegten Kommerzialisierungs-Strategie. Wie breit, hat der Markenstratege Moshe Isaacian aus Kalifornien verfolgt. Er erklärt die Strategie so: "Mattel will nicht nur mehr Spielzeugmarke sein. Sie wollen sich in die Kultur einbringen." Und das schaffen sie laut Moshe Isaacian am besten, "indem sie Barbie zu den Orten bringen, wo die Menschen leben".
Schon vor Veröffentlichung des Films liefen die Kooperationen zwischen Mattel und anderen Unternehmen. Zuerst in den USA; inzwischen ist Mattel über 100 Marken-Kooperationen weltweit eingegangen, nicht nur mit einer Fastfoodkette. Vom Nagellack über die Brotdose bis hin zu Hundebekleidung sind Produkte mit dem Barbie-Logo geschmückt. Auch hiesige Unternehmen setzen auf den Barbie-Effekt. Im Oktober startet Mattel dann selbst mit einer Kinderkollektion für Bekleidung in Deutschland.
Doch die Spitze der Kampagne läuft im Kino. Die Botschaft von "Barbie": Wer will noch High Heels, wenn es doch mit Gesundheitslatschen geht? Inzwischen ist das Film-Schuhmodell fast ausverkauft. Der deutsche Schuhhersteller Birkenstock frohlockt, plant er doch just einen Börsengang in den USA. Angeheizt durch den Film stehen Kooperationspartner Schlange, obwohl der Spielzeugriese laut "Wall Street Journal" bis zu 15 Prozent bei den Lizenzprodukten kassiert.
Selbst die Profis sind überrascht
Dass Spielzeugfiguren zu Filmstars werden, ist alles andere als neu. Doch dass ausgerechnet Barbie "so durch die Decke geht, damit habe ich nicht gerechnet," resümiert Florian Lipp. Der Spielzeugkenner hat nicht auf Barbie gesetzt. Dabei hätte er es ahnen können: Sein Arbeitgeber Craze vermarktet die Playsets zu "Bibi & Tina". Die erfolgreichen Geschichten rund um die Pferde-Freundinnen haben es bereits fünfmal auf die Leinwand gebracht.
Beim Dauerbrenner "Paw Patrol" ist der Karlsruher Spielzeugvertrieb Lizenzgeber bis hin zur Badekugel. "Der Film hat geschafft, dass Kinder in die Badewanne gehen, aber eben nur mit 'Paw Patrol'-Figuren." Dabei war der kanadische Spielzeughersteller Spin Master, Erfinder von "Paw Patrol", bei seinen Vier-Pfoten-Helden sehr strategisch vorgegangen: Erst gab es den Animationsfilm, später wurde dann das Spielzeug konzipiert.
Teure Lizenzen für Spielzeughändler
"Barbie" hat funktioniert, das macht sich auch bei Wieland Sulzer und seinem Spielwarengeschäft in Marburg bemerkbar. Bei ihm stehen wieder mehr Kinder vor dem Barbie-Regal. Allerdings muss er bis zu 27 Prozent mehr im Einkauf zahlen, nur um solche lizenzierten Artikel verkaufen zu können. "Klar muss ich das an die Kundschaft weitergeben", sagt er. Dabei geht er noch ein Risiko ein, denn "maximal zwei bis vier Lizenzen funktionieren in der Regel". Nur wenn er den entsprechenden Warenabsatz hat, bleibt er nicht auf seinen Mehrausgaben sitzen.
Im unteren Regal seines Geschäftes etwa stehen die "Polly Pocket"-Figuren, wenig beachtet von der jungen Kundschaft - diese Ära scheint vorbei. Auch sie stammen aus dem Hause Mattel. Angesichts des "Barbie"-Erfolgs sollen auch diese Miniatur-Püppchen bald auf der Leinwand in Szene gesetzt werden. Und womöglich wird der Ladenhüter dann wieder zum Verkaufsschlager.