75 Jahre VW-Bus Nostalgie in Kastenform
Am 23. April 1947 entwarf ein Niederländer das Design des T1, des ersten VW-Busses. Die alten Bullis haben Kultstatus. Eine Werkstatt in einem Vorort von Rio de Janeiro restauriert sie für Kunden in aller Welt.
So sieht sie aus, die pure Auto-Nostalgie: knuffiger Kasten, Kulleraugen, geteilte Windschutzscheibe, riesiges, flachliegendes Lenkrad. Ein alter VW-Bus. "Die meisten verbinden damit Erinnerungen an ihre Kindheit, den ersten Urlaub oder an ihre Jugend: Geborgenheit und Freiheit gleichzeitig", sagt Alexandre Ferreira Fares. "Aber so ganz ist mir auch nicht klar, warum die ganze Welt dermaßen verrückt nach diesem Auto ist. Wir haben Kunden, die haben Ferraris in ihrer Garage stehen und sagen: Wir wollen lieber mit dem Bulli fahren. Machen Sie mehr, schicken Sie mehr." Und das macht Alexandre dann auch.
Zeitreise auf vier Rädern
Der 46-jährige Brasilianer restauriert in seiner Werkstatt, in einem grauen Industrievorort von Rio de Janeiro, alte VW-Bullis und liefert sie an Liebhaber in mittlerweile 16 Länder, von Australien bis in den Libanon. Die meisten aber gehen nach Deutschland und Frankreich. Ein gutes Dutzend echter Schätzchen steht bei Alexandre - in grün, rot, türkisfarben, als Camper mit bunten Vorhängen und Faltdach oder Transporter mit ausklappbaren Windschutzscheiben und Samba-Seitenfenstern. Jeder Bulli ist eine Zeitreise auf vier Rädern.
"Wir restaurieren vollständig. An diesen Bullis ist keine gebrauchte Schraube, kein alter Draht - alles neu. Und da die meisten Stücke nicht mehr fabriziert werden, stellen wir in Handarbeit alles neu her", sagt Alexandre nicht ohne Stolz. "Aus antikem Schrott und Alteisen, die unsere Profis dann hier bearbeiten. 80 Prozent dieser Wagen sind handgefertigt." Einmal, berichtet er, fertigten sie in der Werktstatt einen Bus komplett in gelb-schwarz mit Luftballonmotiven und Streifen: "Für einen Borussia-Dortmund-Fan. Ich fand es schrecklich, aber der Kunde wollte es so."
In Alexandres und Paulos Werkstatt sind alle stolz auf die vielen restaurierten VW-Busse.
Die Brasilianer und ihr "Kastenbrot"
30 Mitarbeiter haben Alexandre und sein Geschäftskollege Paulo Mesquita inzwischen. Angefangen hat alles mit einem verzweifelten Deutschen: Der hatte in Rio stolz einen alten Bulli erworben, scheiterte dann aber beim Versuch, ihn über den Teich zu bringen. Nach zwei Jahren des Fluchens über brasilianische Zollbehörden verwies ihn einer an Alexandre, der damals im Export arbeitete.
"Dann habe ich den Kombi genommen, und in zwei Wochen ging er in den Export. Der Deutsche kaufte sofort zwei weitere Bullis, dann noch vier - und dann bekam ich Anrufe aus Frankreich und Italien. Das Geschäft wuchs, und glücklicherweise funktioniert es sehr gut." Die alten Wagen finden Alexandre und Paulo bei Sammlern, auf Schrottplätzen oder auch mal in einer verfallenen Scheune zwischen einer Kuhherde.
Der legendäre T1 wurde in Brasilien seit den 1950er-Jahren produziert, erst 2013 stellte Volkswagen die Produktion der VW-Kombis ein, wie die Bullis hier genannt werden. Noch heute sind sie überall im Einsatz als Lieferwagen, als mobile Food Trucks oder auf den Wochenmärkten: "Kleine Eule" nennen die Brasilianer den Wagen liebevoll, "Omilein" oder "Kastenbrot".
"Ich verkaufe alle"
Ob er es nicht manchmal schade findet, die so aufwendig restaurierten Bullis weggeben zu müssen? "Klar, man entwickelt eine Beziehung zu eigentlich jedem Wagen", so Alexandre. "Meine Kinder sind diejenigen, die immer sagen: Papa, den gibst du nicht weg! Aber ich verkaufe alle. Mein Herz hängt ohnehin ein einem anderen Modell: Am Fusca und am TL", sagt er und zeigt auf einen Käfer (in Brasilien "Fusca" genannt) und einen VW Typ 3 mit Schrägheck. Allerdings gab es auch dafür schon einige Exportanfragen.