Reaktion auf anhaltend hohes Defizit EU droht Ungarn mit Sperrung von Fördergeld
Im Kampf gegen die hohe Verschuldung vieler EU-Staaten nimmt die EU-Kommission Ungarn ins Visier. Sie will dem Land 495 Millionen Euro Fördergelder vorenthalten, wenn die Regierung das Defizit nicht senkt. Die EU nannte einen einfachen Grund, warum sie als erstes gegen Ungarn vorgeht.
Von Andreas Reuter, HR-Hörfunkstudio Brüssel
Das war einer der Gründe der Finanzkrise: Es gab Regeln, wie viele Schulden gemacht werden dürfen. Aber wenn ein Land dagegen verstoßen hatte, dann wurde nur ermahnt, appelliert, gedroht. Strafen, die von Anfang an möglich waren, wurden in der Praxis nie verhängt. Jetzt aber soll das anders werden. "Die EU-Kommission schlägt vor, 495 Millionen Euro zu sperren, die Ungarn 2013 aus dem Kohäsionsfonds zustehen", verkündete EU-Währungskommissar Olli Rehn. Zur Begründung verwies er darauf, dass Ungarn nichts gegen sein exzessives Haushaltsdefizit getan habe.
Frist wurde wiederholt verlängert
Rehn macht damit erstmals von jenen Folter-Instrumenten Gebrauch, mit denen er Defizit-Sünder bestrafen kann und die er nach den jüngsten Reformen deutlich schneller auspacken kann. Dass es als erstes Ungarn trifft, dafür nannte Rehn einen einfachen Grund. "Ungarn hatte ein zu hohes Defizit, seit es 2004 der EU beigetreten ist", sagte er. "Die Frist, um das zu korrigieren, ist schon zweimal verlängert worden, um insgesamt drei Jahre."
Ungarn hat den Euro noch nicht. Trotzdem muss es die Defizitregeln einhalten - wie alle EU-Länder. Ländern außerhalb der Eurozone drohen allerdings keine Geldstrafen. Ungarn muss also nicht befürchten, demnächst Bußgelder nach Brüssel überweisen zu müssen. Sondern nur, dass Fördermittel einbehalten werden. Doch auch das geht für das Land ins Geld.
Ungarn kann Strafen noch abwenden
495 Millionen Euro - das ist fast ein Drittel der Gelder, die Ungarn aus dem Kohäsionsfonds zustehen, mit dem ärmere Länder gefördert werden. Bleibt das Geld aus, verliert Ungarn Mittel in Höhe von einem halben Prozent seiner Wirtschaftsleistung. Allerdings: Das letzte Wort sei da noch nicht gesprochen, sagt Johannes Hahn, der Kommissar für die Regionalförderung. "Wir machen das nicht als eine Art von Bestrafung", betont er. "Das übergeordnete Ziel ist es, die ungarische Regierung anzuspornen, ihr Haus in Ordnung zu bringen."
Das ganze laufende Jahr hat die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban noch Zeit, das Haushaltsdefizit unter die magische Drei-Prozent-Grenze zu drücken. Erst wenn sie das wieder nicht schafft, werden die Fördermittel im nächsten Jahr tatsächlich gesperrt.