Wirtschaftsminister Gabriel legt Konzept vor TTIP-Gerichtshof statt Schiedsstellen
Im Streit um TTIP hat Wirtschaftsminister Gabriel eine Alternative zu den umstrittenen Schiedsstellen erarbeiten lassen. Eigens für TTIP soll ein Gerichtshof gegründet werden, heißt es in einem Konzept Gabriels. EU und USA sollen dafür unabhängige Richter ernennen.
Einer der Hauptkritikpunkte im Streit um das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA sind die Schiedsgerichte, die bei Konflikten zwischen Konzernen und Regierungen tätig werden sollen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat nun ein Konzept für eine Alternative erarbeiten lassen, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Dabei geht es um einen europäisch-amerikanischen Handelsgerichtshof, für den sich Gabriel bereits im Februar ausgesprochen hatte.
Der Vizekanzler und SPD-Chef habe EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström einen 30-seitigen Vertragsentwurf zukommen lassen, der die Gründung des Handelsgerichtshof vorsehe, berichtete auch die "Süddeutsche Zeitung". Anstelle der bisher angedachten, wenig transparenten und vor allem privaten Schiedsgerichte soll der Gerichtshof als unabhängige Instanz eingeschaltet werden können, falls Unternehmen den im Abkommen vereinbarten Investitionsschutz einklagen sollten.
EU-Kommissarin Malmström hatte im Februar positiv auf den Vorstoß Gabriels reagiert - was die EU-Staaten sagen, ist noch offen.
Unabhängige Richter und öffentliche Verfahren
Für den Gerichtshof sollen dem Konzept zufolge feste Richter ernannt werden, die über alle Streitigkeiten entscheiden. Ein Drittel der Richter würden die EU und ihre Mitgliedstaaten stellen, ein Drittel die USA, ein Drittel würde gemeinsam ausgewählt. Alle Richter müssten ihre Unabhängigkeit und Unbefangenheit nachweisen. Außerdem ist eine Berufungskammer vorgesehen. Die Verfahren sollen öffentlich stattfinden.
Das Modell des Handelsgerichtshofs entwickelte der Erlanger Völkerrechtler Markus Krajewski für das Wirtschaftsministerium. "Was wir damit schaffen, ist kein Schiedsgericht mehr, sondern ein ganz normales Gericht", sagte Krajewski der "Süddeutschen Zeitung".
Massiver Widerstand in Deutschland
In Deutschland hatten Grüne, die Linkspartei, Teile der SPD und viele Nichtregierungsorganisationen massive Kritik an den geplanten Schiedsgerichten geäußert. Sie fürchten, dass Konzerne dort unter Berufung auf das Abkommen Schadenersatz für unliebsame Gesetze verlangen und so indirekt Druck auf Regierungen ausüben könnten. Solche Schiedsgerichte finden sich schon jetzt in vielen Handelsabkommen. Oft tagen sie nicht-öffentlich, die "Richter" sind nicht selten Rechtsanwälte, die sich die Streitparteien aussuchen konnten.
Ob sich Gabriel mit seinem Konzept für einen Handelsgerichtshof durchsetzen kann, ist noch offen. Zunächst müssen die anderen EU-Staaten auf den deutschen Vorstoß einschwenken. Viele Länder halten bis heute die Schiedsgerichte für nicht weiter problematisch.
Konsequenzen auch für CETA?
Sollte tatsächlich ein Gerichtshof eigens für TTIP gegründet werden, ist unklar, welche Folgen das für CETA haben könnte, das geplante Freihandelsabkommen der EU mit Kanada. Auch im CETA-Abkommen sollen Schiedsgerichte verankert werden, darüber sind sich die EU und Kanada schon weitgehend einig.