Tsipras bei EU-Antrittsbesuch Die Stimmung ist weniger verkrampft
Auf seiner Tour durch Europas Hauptstädte hat Griechenlands Regierungschef Tsipras in Brüssel Station gemacht: Nach einem Gespräch mit EU-Kommissionschef Juncker schlug er deutlich sanftere Töne an als noch wenige Tage nach der Wahl.
Die EU-Kommission ist nicht die Höhle des Löwen - so könnte die Botschaft gelautet haben, die der Chef der Brüsseler Behörde auszusenden versuchte. Als nämlich Jean-Claude Juncker den griechischen Regierungschef Alexis Tsipras zur Begrüßung vor aller Augen umarmte und dann rechts und links auf die Wange küsste. Die Fotografen jedenfalls dürften an diesem Motiv ihre Freude gehabt haben.
Nicht nur wegen der Junckerschen Begrüßungs-Küsschen wirkt die Stimmung zwischen Griechenland und den EU-Entscheidern deutlich entkrampfter.
Erneut die "gemeinsame Zukunft" beschworen
Äußerungen der neuen Regierung in Athen klingen jetzt friedlicher als die teilweise doch sehr lauten Nachwahltöne: "Ich weiß, dass die Geschichte der Europäischen Union eine Geschichte von Meinungsverschiedenheiten ist. Aber am Ende stand immer der Kompromiss", so Regierungschef Tsipras, der in Bezug auf die EU mehr als einmal von "unserer gemeinsamen Zukunft" sprach, dabei aber auch wissen dürfte: Auch während seiner Tour quer durch Europa tickt die Uhr unerbittlich weiter.
Ende Februar läuft das aktuelle Hilfsprogramm für Athen aus. Wie danach eine Pleite verhindert werden soll, ist noch nicht klar, meint EU-Parlamentspräsident Martin Schulz: "Es stehen schwierige Zeiten an, wir haben noch keine Lösung. Aber ein Premier, der durch Europa reist wie Sie es gerade tun, steht für Kooperation, nicht für Separation. Das ist der richtige Weg."
Ratspräsident Tusk dämpft Erwartungen
Während Schulz nach seinem Treffen mit Tsipras seine Warnung mit einem Lob verknüpfte, hieß es aus dem Büro des EU-Ratspräsidenten Donald Tusk recht trocken: Die Verhandlungen mit Griechenland würden schwierig und würden Anstrengungen von Athen erfordern.
Tsipras erklärte in Brüssel: "Wir haben unsere Ziele. Und unser Ziel ist: Respekt für die Selbstbestimmung der Griechen. Gleichzeitig achten wir auch die Regeln der Europäischen Union. Wir wollen dieses Gerüst ausbessern, wir wollen es nicht einreißen."
Vorbehalte auch in anderen Ländern
Tsipras hat seine Reise durch Europa deshalb angetreten, weil er bei den griechischen Schulden so viel Linderung wie möglich erreichen will. Um die zu bekommen, dafür wird er weniger die EU-Kommission als vielmehr alle EU-Einzelstaaten überzeugen müssen. Und die haben Vorbehalte: die Spanier zum Beispiel, weil sie den Aufstieg von Populisten im eigenen Land fürchten. Und nicht zuletzt die Bundesregierung, weil sie Angst hat vor einer Abkehr vom strikten Sparkurs in ganz Europa.
Ist strenges Sparen eigentlich gut für Europa - oder würgt es das Wachstum ab? Der Sozialdemokrat Schulz ist in dieser seit Krisenzeiten tobenden und jetzt noch einmal neu entfachten Debatte näher an Athen als die Bundesregierung: "Normale Bürger in Griechenland haben in den letzten Jahren die Rechnung bezahlt. Es wird Zeit, dass diejenigen, die Geld haben oder es außer Landes gebracht haben, etwas beitragen", so Schulz.