Klimaziele in Gefahr Verbände sprechen sich für CO2-Speicherung aus
Ein Bündnis aus Umweltverbänden, Gewerkschaften und Industrie hat sich für die umstrittene Speicherung von CO2 im Erd- oder Meeresboden ausgesprochen. Nur so seien die Klimaziele noch erreichbar.
In einem gemeinsamen Thesenpapier sprechen sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die Umweltschutzorganisationen Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der World Wildlife Fund (WWF) für die umstrittene Speicherung abgeschiedener Kohlendioxid-Emissionen aus.
Sie fordern die Bundesregierung auf, diese sogenannte CCS-Technik einzusetzen. Für die Umweltverbände bedeutet dies einen Kurswechsel gegenüber ihren vorherigen Positionen.
Umweltverbände sehen "letzte Option"
Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, begründen NABU und WWF dies damit, dass alles zur Begrenzung der Erderwärmung getan werden müsse. Umweltschützer hatten die CCS-Technologie bislang abgelehnt, unter anderem weil Umweltschäden durch entweichendes Gas befürchtet werden.
Der WWF etwa hatte noch in einer Presseerklärung Ende Dezember die CO2-Speicherung lediglich als "letzte Option" bezeichnet. Allerdings wies er bereits darauf hin, dass Deutschland ohne die Abscheidung und Speicherung von CO2 aus der Industrie seine Klimaziele bis zum Jahr 2045 nicht werde erreichen können.
Es sei richtig, so das Thesenpapier nun, die Abscheidungstechniken dort einzusetzen, wo Kohlendioxid-Emissionen nach aktuellem technischem Stand nicht vermieden werden können. Der Fachbereichsleiter Klima- und Umweltpolitik beim NABU, Daniel Rieger, sagte der Zeitung, man müsse zur Kenntnis nehmen, dass man zur Begrenzung der Erderwärmung "einfach alle Hebel in Bewegung setzen" müsse und "zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine andere Option für die Dekarbonisierung einzelner Industrien besteht".
Wichtiger Baustein für die Industrie
Denn auch mit hundert Prozent erneuerbaren Energien blieben etwa in der Kalkindustrie oder auch der Landwirtschaft noch Emissionen übrig. Viviane Raddatz, die Klimachefin des WWF, verlangte eine Carbon-Management-Strategie, die deutlich macht, dass das Abscheiden und Speichern von Kohlendioxid für die Industrie ein wichtiger Baustein sein wird - aber nur für Prozesse, in denen sich Emissionen aktuell nicht vollständig vermeiden lassen. Die Reduktion müsse immer Vorrang haben.
Laut der Zeitung war das Thesenpapier dem Medienbericht vom BDI ausgegangen. Ihm gehe es darum, den Industriestandort zu stärken und dafür zu sorgen, dass etwa klimaneutraler Zement künftig auch in Deutschland statt nur im Ausland produziert wird.
Kurswechsel bei den Grünen Ende 2023
In der Bundesregierung könnten die Chancen, dass die Abscheidungstechniken befürwortet werden, durchaus gegeben sein. Die Grünen hatte auf ihrem Parteitag in Karlsruhe Ende November einen Kurswechsel im Umgang mit der unterirdischen Speicherung und Nutzung von Kohlendioxid (CO2) beschlossen. Die Abscheidung und unterirdische Speicherung des Treibhausgases CO2 ist danach für die Grünen nun ein legitimes Instrument im Umgang mit der zunehmenden Erderwärmung - allerdings nur in bestimmten Fällen.
Bereits im vergangenen Jahr hatte Dänemark ein Projekt zur CO2-Speicherung in der Nordsee gestartet. Ab 2030 - so der Plan - sollen in der dänischen Nordsee bis zu 13 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich eingelagert werden. Auch Deutschland könnte sich an der Initiative beteiligen.