Sanktionen gegen Russland "Gezielte und funktionale SWIFT-Einschränkungen"
Im Streit um SWIFT-Sanktionen gegen Russlands lenkt Deutschland offenbar ein. Man arbeite an "gezielten und funktionalen Einschränkungen", hieß es in Berlin. Das Wort Ausschluss fiel aber nicht.
Die Bundesregierung hat als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine angekündigt, den Zugang des Landes zum Zahlungssystem SWIFT einzuschränken. Man arbeite an einer "gezielten und funktionalen Einschränkung", teilten Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Vizekanzler Robert Habeck mit. Von einem vollständigen Ausschluss Russlands sprachen sie nicht. Man arbeite aber "unter Hochdruck daran, wie die Kollateralschäden einer Abkopplung (Russlands) von SWIFT so eingegrenzt werden können, dass sie die Richtigen trifft", hieß es von den beiden Grünen-Politikern.
Bundesfinanzminister Christian Lindner sprach von Fortschritten bei der maximalen Isolation Russlands im Finanzsystem. "Sie werden nun auf höchster Ebene abgeschlossen", sagte er. Die Maßnahmen benötigten aufgrund ihrer Tragweite aber große Präzision. Die Bundesregierung sei entschlossen, man sei sich aber der enormen Tragweite der Entscheidungen bewusst.
Unionsfraktion will SWIFT in Sanktionen einbeziehen
Bislang hatte Deutschland eine Einschränkung von SWIFT abgelehnt. Ökonomen wie Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, erklären diese Position auch mit Abhängigkeiten im Energiesektor. Wenn die Europäer weiter Gas aus Russland beziehen wollten, müssten sie dafür auch zahlen. "Und wenn man das nicht per Banküberweisung machen kann, müsste man mit Geldkoffern nach Moskau reisen", was natürlich nicht gehe, so Krämer.
Die Unionsfraktion im Bundestag forderte Kanzler Olaf Scholz auf, einem sofortigen Ausschluss Russlands zuzustimmen. "SWIFT sollte und muss nach unserer festen Überzeugung einbezogen werden in die Sanktionen, die jetzt gegen Russland verhängt werden", sagte Fraktionschef Friedrich Merz. Er begründete dies mit einer "völlig hemmungslose Einbeziehung der Zivilbevölkerung" beim russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.
Frankreich spricht von "finanzieller Atomwaffe"
Neben Deutschland hatten sich auch die Regierungen Italiens, Luxemburgs und Ungarns lange zögerlich gezeigt. In Rom zeigte sich zuletzt aber auch Ministerpräsident Mario Draghi gesprächsbereit. Italien unterstütze die Linie der EU bei den Sanktionen gegen Russland voll, "einschließlich jene, die SWIFT betreffen", teilte er mit.
Länder wie Frankreich oder Großbritannien, die weniger abhängig vom russischen Öl und Gas sind, werben schon länger für einen Ausschluss Russlands aus SWIFT. Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno le Maire sagte am Freitag in einer Pressekonferenz nach einem Treffen der EU-Finanzminister, SWIFT sei eine finanzielle Atomwaffe. Da denke man nach, bevor man sie einsetze. Der britische Premierminister Boris Johnson nannte einen Ausschluss Russlands dringend notwendig.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte an die EU appelliert, zusätzlich zu den bereits beschlossenen Sanktionen Russland von dem SWIFT-System auszuschließen.
SWIFT - wichtig für Auslandsüberweisungen
SWIFT ist ein Kommunikationssystem und dient dazu, dass sich die Banken über Grenzen hinweg über Zahlungsströme informieren - auch Überweisungen von Privatkunden ins Ausland laufen mit Hilfe der sogenannten BIC-Nummer über dieses System. Die Abkürzung SWIFT steht für "Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunications" - übersetzt: Gesellschaft für weltweite Finanztelekommunikation. Die Organisation in Form einer Genossenschaft wurde 1973 gegründet und hat ihren Hauptsitz südlich von Brüssel im kleinen Ort La Hulpe.
Deutsche Unternehmen verkauften 2021 Güter im Wert von 26,6 Milliarden Euro nach Russland. Durch einen schnellen Ausstieg aus SWIFT würden vor allem die Unternehmen belastet, die aktuell noch auf Zahlungen aus Russland warten.