IEA-Strommarktbericht Elektrifizierung treibt weltweite Stromnachfrage an
Während die globale Nachfrage nach Strom 2023 nur leicht steigt, dürfte das Plus im kommenden Jahr laut IEA deutlicher ausfallen. Erstmals könnte dann mehr Strom aus Erneuerbaren Energien als aus Kohle erzeugt werden.
Die Internationale Energieagentur (IEA) geht im laufenden Jahr davon aus, dass die weltweite Nachfrage nach Strom nur um etwas weniger als zwei Prozent steigt. Gründe dafür seien die anhaltende Konjunkturabschwächung sowie die Auswirkungen der Energiekrise in vielen Industrieländern, teilte die IEA heute in ihrem Strommarktbericht mit.
In den USA, Japan und Europa wird 2023 eine sinkende Stromnachfrage erwartet. Der Stromverbrauch in der EU sinkt voraussichtlich auf ein Niveau, das zuletzt 2002 erreicht wurde. Energieintensive Industrien der EU hätten sich noch nicht vom Produktionseinbruch des letzten Jahres erholt, hieß es. Bei verbesserten Aussichten für die Weltwirtschaft rechnet die IEA im kommenden Jahr jedoch wieder mit einer Steigerung der Nachfrage nach Strom um 3,3 Prozent.
Erneuerbare Energien könnten 2024 Kohle überholen
Angetrieben wird die steigende weltweite Stromnachfrage dem IEA-Bericht zufolge dann vor allem durch die Elektrifizierung der Energieversorgung im Zuge des Bemühens, Emissionen zu reduzieren. Außerdem würden wegen steigender Temperaturen mehr Klimaanlagen genutzt, was den Stromverbrauch in die Höhe treibe. Dazu käme ein robustes Nachfragewachstum in den Schwellen- und Entwicklungsländern.
Trotz der Zunahme der Stromnachfrage in vielen Regionen bedeute der starke Einsatz Erneuerbarer Energien weltweit, dass diese nun auf einem guten Weg sind, ergab die IEA-Analyse. In den kommenden zwei Jahren könne die Stromproduktion mit unter anderem Wind und Sonne womöglich das gesamte zusätzliche Wachstum der weltweiten Nachfrage decken. Bis 2024 werde der Anteil der Erneuerbaren an der weltweiten Stromerzeugung mehr als ein Drittel betragen, so die Energieagentur.
Je nach Wetterlage könnte 2024 dadurch das erste Jahr werden, in dem weltweit mehr Strom aus Erneuerbaren Energien als aus Kohle erzeugt wird. Denn gleichzeitig werde die Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen in den nächsten zwei Jahren voraussichtlich zurückgehen, heißt es von der IEA. 2022 war die Stromproduktion aus Kohle noch um 1,7 Prozent gestiegen.
Politik muss "auf dieser Dynamik aufbauen"
Ein weiteres Anzeichen dafür, dass die Energiewende greift, ist, dass die IEA nun in vier der sechs Jahre von 2019 bis 2024 einen Rückgang der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen erwartet. Dies deute darauf hin, dass sich die Welt rasch auf einen Wendepunkt zubewege, an dem die weltweite Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen zunehmend durch Strom aus sauberen Energiequellen ersetzt werde, hieß es im Bericht.
"Der weltweite Bedarf an Elektrizität wird in den kommenden Jahren stark ansteigen", sagte der IEA-Direktor für Energiemärkte und -sicherheit, Keisuke Sadamori. Jetzt sei es an der Zeit, "dass politische Entscheidungsträger und der Privatsektor auf dieser Dynamik aufbauen, um sicherzustellen, dass die Emissionen des Stromsektors nachhaltig sinken".
Strom bleibt laut Prognos-Institut ohne russisches Gas teuer
Die Preise für Strom in Deutschland werden derweil nach Einschätzung des Prognos-Instituts auch in den kommenden Jahren höher liegen als 2019/2020 vor Beginn des rapiden Energiepreisanstiegs. Hauptgrund dieser Annahme ist, dass für die Stromerzeugung nach wie vor Gas benötigt wird. Wie auch andere Experten gehen die Prognos-Fachleute davon aus, dass die Großhandelspreise nach zwischenzeitlichem Rückgang wieder steigen werden, unter anderem, weil der Emissionshandel mit CO2-Zertifikaten teurer wird.
Dazu kommt die Erwartung, dass der Stromverbrauch ab Mitte des Jahrzehnts hierzulande steigt. Das sei einerseits bedingt durch steigende Zahlen von Elektroautos und Wärmepumpen sowie andererseits durch den Bedarf für die Herstellung von Wasserstoff.
Das Institut hat drei "Preispfade" berechnet: einen oberen, einen wahrscheinlichen und einen unteren. Einen dauerhaften Rückgang der Strompreise halten die Studienautoren in ihrem unteren Preisszenario nur dann für wahrscheinlich, wenn Russland das restliche Europa wieder wie vor dem Ukraine-Krieg in vollem Umfang mit Gas beliefern würde.