Warnstreik an sieben Flughäfen Ver.di legt Luftverkehr lahm
Etwa 300.000 Passagiere werden heute auf ihre Flüge verzichten müssen. Grund ist ein Warnstreik an sieben Flughäfen, zu dem die Gewerkschaft ver.di und der Beamtenbund aufgerufen haben. Aus der Wirtschaft hagelt es Kritik.
Die Gewerkschaft ver.di hat weite Teile des deutschen Luftverkehrs lahmgelegt. In der Nacht hat der geplante ganztägige Warnstreik am Flughafen Hannover begonnen. Er ist der einzige der sieben bestreikten Flughäfen, der kein Nachtflugverbot hat. Der Betrieb in Hannover laufe sehr eingeschränkt, sagte ein ver.di-Sprecher der Nachrichtenagentur dpa am späten Donnerstagabend.
Auch in Frankfurt am Main, München, Stuttgart, Bremen, Hamburg und Dortmund soll möglichst kein Flugzeug mehr starten oder landen. Nach Schätzungen des Flughafenverbandes ADV sind knapp 300.000 Passagiere von gut 2340 Flugausfällen betroffen. Der Verband sprach von einer "beispiellosen Eskalation".
Ver.di und Beamtenbund fordern 10,5 Prozent mehr
Allein die Lufthansa musste rund 1300 Verbindungen streichen. Erst am Mittwoch hatte eine von einem Bagger verursachte IT-Panne zu vielen Flugausfällen geführt.
Mit dem Ausstand nicht nur an den Flughäfen wollen die Beschäftigten ihren Forderungen im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen Nachdruck verleihen. Neben dem öffentlichen Dienst gibt es zudem örtliche Verhandlungen für die Bodenverkehrsdienste sowie eine bundesweite Tarifrunde für die Luftsicherheit. Gemeinsame Kundgebungen sind geplant.
Ver.di und der Beamtenbund DBB fordern im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. Die Laufzeit soll zwölf Monate betragen. Die Arbeitgeber haben die Forderungen zurückgewiesen, aber noch kein eigenes Angebot vorgelegt. Die zweite Verhandlungsrunde ist für den 22. und 23. Februar in Potsdam geplant.
Ver.di droht mit Ausweitung auf Müllabfuhr und Kliniken
Bereits Ende Januar hatte ver.di zu einem Warnstreik am Berliner Flughafen aufgerufen. Die Gewerkschaft drohte nun, die Protestaktionen auf andere Bereiche auszudehnen. "Die nächsten Streiks haben eine andere Dimension", sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Sollten die Arbeitgeber nächste Woche ein wirklich gutes Angebot vorlegen, könne man sich schnell einigen. Anderenfalls seien die aktuellen Ausstände auf Flughäfen, im Nahverkehr oder in Kitas nur ein Vorgeschmack, so Werneke. "Hinzu kommen zum Beispiel die Müllabfuhr oder die Krankenhäuser." Auch Schleusen an den Wasserstraßen würden womöglich nicht bedient. "Und vielleicht gibt's keine Knöllchen, wenn die Angestellten der Ordnungsämter in den Ausstand treten."
Scharfe Kritik aus der Wirtschaft
Aus dem Mittelstand kommt scharfe Kritik am Vorgehen der Gewerkschaft. "Es ist nicht hinnehmbar, dass ver.di seine Tarifforderungen auf dem Rücken der gesamten deutschen Wirtschaft auslebt", sagte der Chef des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, Markus Jerger.
Die Bundesvorsitzende der CDU-Mittelstandsgesellschaft MIT, Gitta Connemann, sagte der "Bild"-Zeitung: "Eine Gewerkschaft darf nicht ein ganzes Land für ihre Interessen in Geiselhaft nehmen. Hier geht es um eine kritische Infrastruktur, nämlich den Fracht- und Flugverkehr in Deutschland und in den Rest der Welt. (...) Streikrecht ja - aber nicht um jeden Preis."
Hilfsflüge werden abgefertigt
Ver.di-Vizechefin Christine Behle hatte erklärt, dass über Notdienste Hilfsflüge ins türkisch-syrische Erdbebengebiet vom Streik ausgenommen werden. Zudem könnten Hilfsgüter über den nicht bestreikten Flughafen Frankfurt-Hahn ausgeflogen werden. Für Freitag geplante Frachtmaschinen der Turkish Airlines und der Lufthansa Cargo sollen nach Auskunft der Airlines starten dürfen.
An den sieben bestreikten Flughäfen fällt aber auch eine unbekannte Zahl von Passagierflügen in die Türkei aus, die zumindest theoretisch Hilfsgüter als Beiladung hätten transportieren können.
Münchner Sicherheitskonferenz rät zur Anreise mit Bahn
Der Warnstreik läuft zum Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz, die als eines der wichtigsten Treffen zur Sicherheitspolitik weltweit gilt. Von der Aussetzung des normalen Passagierbetriebs in München seien Flüge für die Sicherheitskonferenz ausgenommen, betonte der Flughafenbetreiber.
Die Konferenz arbeite daran, die Anreise der Teilnehmer gewährleisten zu können. Behle hatte die Anreise mit der Bahn oder über den Flughafen Nürnberg empfohlen.