Fünfte TTIP-Verhandlungsrunde Die einzige Chance, mitzureden
In Deutschland wächst der Widerstand gegen das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA. Neben Kritik im Detail stellen viele die Marktöffnung prinzipiell in Frage. Während die Delegationen zum fünften Mal zusammensitzen, versuchen Bürgerrechtler, Umweltaktivisten und Verbraucherschützer über Stakeholder-Meetings Einfluss zu nehmen.
Es gibt nicht viele Gelegenheiten, Einblick zu gewinnen in den Stand der Dinge bei den Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP. Zwar sitzen die Delegationen derzeit schon zur fünften Verhandlungsrunde zusammen, aber über Fortschritte weiß man nicht viel, alles findet hinter verschlossenen Türen statt. Man muss ein wenig im Nebel stochern, um sich einen Eindruck zu vermitteln.
"Ich habe das Gefühl, dass die Verhandlungen bisher sehr konkret sind. Das merken wir daran, dass natürlich von bestimmten Verbänden auch sehr fordernde und nachdrückliche Ideen vorgeschlagen werden, wo man davon ausgehen kann, dass das grundsätzliche Konstrukt bereitsteht," sagt Bruno Kramm, Musikproduzent aus Berlin - der gleichzeitig Mitglied bei attac ist, beim Chaos-Computer-Club sowie Europaparlaments-Kandidat der Piratenpartei.
Immer mehr Input von Interessengruppen
Er hat teilgenommen an einer der wenigen Veranstaltungen zum Freihandelsabkommen TTIP, bei denen auch Nicht-Delegationsmitglieder versuchen können Einfluss zu nehmen auf die Verhandlungen, und Eindrücke zu gewinnen über den Verhandlungsprozess - beim sogenannten Stakeholder-Forum: "Stakeholder ist klassisch jemand, der ein Interesse hat an einem Abkommen und deswegen seinen Input liefert. Traditionell war es bisher so, dass es vor allem große Konzerne und Verbände waren, die eben zu diesen Stakeholder-Meetings kamen. Mittlerweile gibt es aber auch ein bisschen mehr zivilgesellschaftlichen Input."
Das heißt: neben Industrieverbänden bekommen auch Bürgerrechtler, Umweltaktivisten und Verbraucherschützer die Gelegenheit, ihren Standpunkt darzulegen - und eben auch Piraten wie Kramm. Wie sehr die Vorträge, die man bei diesem Stakeholder-Forum halten kann, Einfluss haben auf die eigentlichen Verhandlungen ist unklar.
Verschleiern und verschieben
Kramm ist skeptisch, und spricht von einer Nebelkerzenveranstaltung, die auch dazu diene, Kritiker zu beruhigen. TTIP lehnt er ab, und er traut dem Verhandlungsprozess insgesamt nicht: "Vielleicht kennen sie ja jemanden in der Bekanntschaft, der sich als Lügner entpuppt hat. Und dann merkt man, das Leute eine Tendenz haben, Dinge zu verschleiern, zu verschieben damit nicht das ganze Bild transparent wird, sondern nur stückchenweise etwas offen legen. Das ist immer noch dasselbe Problem bei TTIP."
Und weil eben nur so wenig Konkretes über den Stand der Dinge zu erfahren ist - auch beim Stakeholder-Forum nicht - bleiben die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen so geheimnisumwittert. Die strittigen Themen allerdings sind auch so klar: Beim Forum wurde viel über Investitionsschutz geredet, und über die geplanten Schiedsgerichte, die Kritikern zufolge Firmen die Möglichkeit geben könnten, nationale Gesetze auszuhebeln.
Auch Verbraucherschutz war ein großes Thema - nicht nur von europäischer Seite: Vor dem Verhandlungsort in Arlington warnten diesmal amerikanische Demonstranten vor einer Verwässerung der US-Standards für Pharmaprodukte. Auch der Schutz geistigen Eigentums ist natürlich wichtig, von den ganz grundlegenden Dingen wie dem Abbau von Zollschranken und Handelshemmnissen mal abgesehen.
Wie gesagt: Wie weit die Verhandlungen sind - man weiß es nicht, man kann es nur ahnen. Etwas mehr Klarheit könnte eine Pressekonferenz der Verhandlungsführer geben - heute, am frühen Nachmittag deutscher Zeit.