Streit um Kompromiss mit Frankreich Westerwelle kritisiert Merkel wegen EU-Stabilitätspakts
Die Reform des EU-Stabilitätspakts sorgt für Ärger innerhalb der Bundesregierung. Vizekanzler Westerwelle kritisierte den Kompromiss, den Kanzlerin Merkel mit Frankreichs Präsident Sarkozy ausgehandelt hatte. Er will Sanktionen gegen Defizitsünder nicht der "politischen Opportunität" unterwerfen.
Der von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ausgehandelte Kompromiss zum EU-Stabilitätspakt stößt auch innerhalb der Bundesregierung auf Kritik. Die Politik dürfe künftig keinen Einfluss mehr darauf haben, ob gegen europäische Defizitsünder Strafen verhängt werden oder nicht, sagte Vizekanzler und FDP-Chef Guido Westerwelle. "Es ist entscheidend, dass Sanktionen nicht der politischen Opportunität unterworfen sind."
Es sei dringend notwendig, dass der harte Euro auch harte Defizitregeln erhalte, betonte Westerwelle. Dazu müsse der Stabilitätspakt mit Autorität und Durchsetzungskraft ausgestattet werden. Ein Fall wie die Schuldenkrise in Griechenland dürfe sich nicht wiederholen.
Kompromiss reduziert Druck bei Verstößen
Der von Merkel und Sarkozy ausgehandelte Vorschlag sieht keine weitgehend automatischen Sanktionen bei Verstößen gegen die Defizitvorgaben des Stabilitätspakts vor, wie es die EU-Kommission gefordert hatte. Stattdessen sollen laut dem Kompromiss Sanktionen erst dann verhängt werden, wenn ein Mitgliedsland nach einer Ermahnung binnen sechs Monaten keine ausreichenden Versuche zum Schuldenabbau unternommen hat.
Bevor eine Sanktion verhängt wird, muss in der Regel der Finanzministerrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit das Fehlverhalten feststellen. Ein Land kann damit leichter eine Sperrminorität auf die Beine stellen als es die Kommission wollte. Deren Vorschlag sah vor, dass bei Verstößen unmittelbar Sanktionen greifen, die die EU-Staaten nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit hätten kippen können.
Merkel lenkt ein im Gegenzug für Vertragsänderungen
Die Bundesregierung hatte lange Zeit die Linie der EU-Kommission vertreten. Merkel hatte schließlich aber dem Druck aus Paris nachgegeben. Im Gegenzug versprach Sarkozy, die Bundeskanzlerin in anderen Punkten des geplanten Reformwerks zu unterstützen, etwa in der Frage einer Insolvenzordnung für Staaten oder beim Entzug von Stimmrechten auf Zeit im Falle von Haushaltsübertretungen.
Merkel verteidigte den Kompromiss für die Reform des EU-Stabilitätspakts erneut. Die Ergebnisse, auf die sich die Task Force der Euro-Finanzminister nach ihrer Übereinkunft mit Sarkozy verständigt hätten, seien gut und müssten nun durchgesetzt werden, sagte Merkel in Berlin. Darin seien wesentliche Aspekte des Vorschlags der EU-Kommission enthalten. Der EU-Gipfel kommende Woche in Brüssel müsse nun ein klares Mandat aussprechen, damit es zu einer Änderung des EU-Vertrages komme, um Haushaltssünder schärfer bestrafen zu können.
Auch Westerwelle forderte eine Änderung der EU-Verträge. Deutschland könne der Verschärfung des Stabilitätspaktes nicht zustimmen, wenn es kein klares Mandat zur Vertragsänderung gebe, sagte er. Die Änderung der Verträge sei nötig, um "notorischen Dauersündern" die Stimmrechte zu entziehen. Zudem müssten private Gläubiger an den Kosten beteiligt werden, die sonst an den Staaten hängen blieben.