Debatte über Reform Bei der Schuldenbremse plötzlich gesprächsbereit?
Die Ampel ist auch am Streit über die Schuldenbremse zerbrochen. CDU-Chef Merz deutet nun an, eine Reform zumindest grundsätzlich nicht mehr auszuschließen - FDP-Chef Lindner vermutet "Lockerungsübungen in Richtung SPD und Grüne".
Äußerungen von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz haben die Debatte über eine Reform der Schuldenbremse neu angeheizt. Nachdem der CDU-Chef bei dem Thema Gesprächsbereitschaft angedeutet hatte, bot SPD-Chefin Saskia Esken der Union nun eine Reform noch vor Ende der Legislaturperiode an. "Ich würde es gerne machen, aber ob das in der Zeit gelingt, weiß ich nicht", sagte sie im Podcast des Magazins Politico.
Merz hatte eine Reform der Schuldenbremse beim Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung am Vortag nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Nur einige der Artikel des Grundgesetzes seien unveränderbar, sagte er. "Über alles andere kann man selbstverständlich reden."
Die Schuldenbremse sei ein technisches Thema, sagte er und fügte hinzu: "Selbstverständlich kann man das reformieren. Die Frage ist: Wozu? Mit welchem Zweck? Was ist das Ergebnis einer solchen Reform? Ist das Ergebnis, dass wir noch mehr Geld ausgeben für Konsum und Sozialpolitik? Dann ist die Antwort nein." Merz sagte weiter: "Ist das Ergebnis: Es ist wichtig für Investitionen, es ist wichtig für Fortschritt, es ist wichtig für Lebensgrundlage unserer Kinder? Dann kann die Antwort eine andere sein."
SPD fordert konkrete Vorschläge
Esken sagte nun, der CDU-Chef habe in dieser Sache richtige Ansätze. Sie finde dessen Argumentation, "die Schuldenbremse nicht etwa für die konsumtiven Ausgaben zu zu lockern, sondern für die Investitionen zu öffnen", richtig.
Auch SPD-Generalsekretär Matthias Miersch bot der Union Gespräche zu dem Thema an. "Die CDU muss sich bekennen: Soll der Staat handlungsfähig und zukunftsfähig bleiben? Dann lassen Sie uns gemeinsam die Schuldenbremse weiterentwickeln", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Eine Modernisierung der Schuldenregeln sei überfällig. "Das ist nicht nur die Position der SPD, sondern auch von Wirtschaft und Wissenschaft."
Zukunftsinvestitionen in Klimaschutz, Bildung und Infrastruktur seien entscheidend, um langfristig unseren Wohlstand zu sichern, so Miersch. "Friedrich Merz hat diese Notwendigkeit anerkannt, doch konkrete Vorschläge bleiben aus." Die CDU-Ministerpräsidenten seien in der Frage schon weiter.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann wies den Vorstoß der SPD umgehend zurück. "Die CDU steht zur Schuldenbremse, ohne Wenn und Aber", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Merz habe "nichts anderes gesagt, selbst wenn die SPD vergeblich versucht, dort etwas hineinzuinterpretieren".
"Lockerungsübungen in Richtung SPD und Grüne"
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai betonte nach Merz' Äußerungen hingegen die unveränderte Haltung seiner Partei. "Die Haltung der FDP ist klar: Die Schuldenbremse hat sich bewährt und muss bleiben", sagte er dem "Spiegel". Die Regelung sei Garant für Generationengerechtigkeit und zwinge die Politik zum Priorisieren.
FDP-Chef Christian Lindner wiederum sieht die Gedankenspiele des CDU-Vorsitzenden als Öffnung gegenüber SPD und Grünen. "Der Friedrich Merz hat ja bis vor einer Woche auch die Schuldenbremse verteidigt. Der hat ja nicht seine ökonomischen Grundüberzeugungen über Nacht ausgetauscht", sagte Lindner bei einer Veranstaltung des Verbands "Die jungen Unternehmer" in Berlin. "Das sind Lockerungsübungen in Richtung von SPD und Grünen."
Grüne fordern Klarheit
Der Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch warb indes erneut für eine Reform. "Die deutsche Wirtschaft kommt nur in Schwung, wenn wir kräftig investieren, in Innovation und neue Technologien, in Schienen und Brücken, in Schulen und Kitas", sagte er der dpa.
Er gehe fest davon aus, dass die Schuldenbremse in der nächsten Legislaturperiode reformiert werde. "Friedrich Merz windet sich, weil er weiß, dass er blank ist, dass die Union keinerlei Antwort auf die Herausforderungen hat." Diejenigen, die in der CDU Regierungsverantwortung trügen, hätten längst erkannt, dass es eine Reform der Schuldenbremse brauche, um das Land in Schwung zu bringen. "Friedrich Merz muss endlich Antworten geben", forderte Audretsch.
Koalitionsstreit über Schuldenbremse
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP war auch wegen eines Streits um die Einhaltung der Schuldenbremse zerbrochen. Diese ist im Grundgesetz geregelt und soll die staatliche Kreditaufnahme begrenzen. Ausnahmen gibt es für den Bund im Fall von Naturkatastrophen und in außergewöhnlichen Notsituationen. SPD und Grüne hielten - anders als die FDP - Lockerungen für nötig.
Auch die Wirtschaftsweisen plädierten für eine flexiblere Schuldenbremse. Hintergrund ist der erhebliche Finanzbedarf etwa für Infrastruktur-Investitionen.