Ryanair Preise für Tickets sinken, Gewinne auch
Reisende achten wieder stärker auf Flugpreise. Ryanair hat zuletzt seine Ticketpreise gesenkt. Doch dem Unternehmen macht das zu schaffen - die Aktienkurse brechen ein.
Bei Anlegern sorgte die Nachricht schrumpfender Einnahmen von Ryanair für Unmut, Flugpassagiere dürften sich aber freuen. Grund dafür waren schließlich die niedrigen Ticketpreise. Im Frühjahrsquartal von April bis Juni brach der Gewinn um 46 Prozent auf 360 Millionen Euro ein, wie die nach Passagierzahlen größte Airline Europas mitteilte.
In dem Zeitraum sind die Ryanair-Ticketpreise je Passagier im Schnitt um 15 Prozent gesunken. Der Trend dürfte sich auch in den für die Airlines so wichtigen Sommermonaten fortsetzen. Ryanair zufolge sei die Preisgestaltung schwierig - und die Ticketpreise dürften noch deutlich unter denen vor einem Jahr liegen. "Obwohl die Nachfrage im zweiten Quartal stark ist, bleiben die Preise niedriger als erwartet", erklärte Konzernchef Michael O'Leary. Die Aktie sackte im Handelsverlauf auf den tiefsten Stand seit Anfang November ab.
Widerstand der Verbraucher verhinderte Ticketerhöhungen
In den Sommermonaten erzielt Ryanair üblicherweise den Großteil seines Gewinns. Was ist also los? Versuche, die Tarife in den vergangenen Wochen zu erhöhen, sind O'Leary zufolge am Widerstand der Verbraucher gescheitert. Auch Finanzchef Neil Sorahan sagte, dass die Preise deshalb fielen, weil die Verbraucher sparsamer und vorsichtiger seien. Er ließ ebenfalls offen, wann die Preise wieder anziehen könnten.
Analysten zeigten sich alarmiert: "Wir erwarten ein erhebliches Abwärtsrisiko für die Konsensschätzungen", schrieb Gerald Khoo, Analyst bei Liberum Capital. "Eine aggressivere Preisgestaltung des Marktführers wird wahrscheinlich negative Folgen für die anderen europäischen Fluggesellschaften haben."
Verbraucher achten wieder stärker auf Ticketpreise
Die Nachfrage nach Flugreisen hatte sich nach der Pandemie zuletzt wieder stabilisiert und befindet sich seitdem auf Wachstumskurs. So rechnet auch der US-Flugzeugbauer Boeing damit, dass sich die Zahl der weltweit eingesetzten Passagier- und Frachtmaschinen bis 2043 nahezu verdoppeln werde: Dann könnten bis zu 44.000 Flugzeuge branchenweit benötigt werden.
Auf der britischen Luftfahrtmesse in Farnborough, die aktuell stattfindet, haben Manager großer Fluggesellschaften bekräftigt, dass Urlauber vor höheren Preise zurückschrecken.
So hieß es von Guliz Ozturk, Chef des türkischen Billigfliegers Pegasus, dass das Unternehmen damit rechne, dass der pro Meile erzielte Durchschnittspreis stagnieren dürfe auf dem Weg zurück zur Normalität. Das heißt: Urlauber suchen wieder nach der günstigsten Art zu reisen. Die Nachfrage sei da, so Ozturk. Urlauber suchten aktuell aber nach dem günstigsten, dem niedrigsten, dem besten Preis für ihre Reise.
Auswirkungen in Deutschland
In Deutschland haben sich die Tickets für internationale Reisen laut dem Statistischen Bundesamt im ersten Halbjahr im Schnitt um 3,1 Prozent verringert. Tickets nach Asien, Australien und Mittelamerika verbilligten sich sogar im zweistelligen Bereich. Für viele Reisende hierzulande dürfte das aber nur ein schwacher Trost sein, da die klassischen Urlaubsziele der Deutschen rund ums Mittelmeer liegen. Und die Preise ins europäische Ausland haben sich um 2,7 Prozent verteuert.
Deutschland ist dabei ein besonders teures Pflaster für Passagierflüge. Billig-Airlines wie Ryanair, Easyjet oder Wizz Air machen dabei einen Bogen um Deutschland. Ihr Angebot von Flügen mit billigen Tickets wächst in Italien, Spanien oder Polen, während es für die Konsumenten in Deutschland deutlich geschrumpft ist. Nutznießer ist die Lufthansa-Tochter Eurowings als größter Anbieter von Direktflügen aus Deutschland. Laut einer Untersuchung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) sind ihre Tickets im Schnitt gut 43 Euro teurer als bei Ryanair.
Hohe Abgaben führen zu hohen Preisen
Grund dafür ist einerseits die Erhöhung der Ticketsteuer im Mai, aber auch Gehaltssteigerungen oder höhere Kosten für Passagier- und Gepäckkontrollen werden auf die Tickets geschlagen. Hinzu kommt, dass die Auslastung der Flüge hierzulande trotz der hohen Nachfrage noch nicht das Vor-Corona-Niveau erreicht hat. Im Gegensatz dazu wird in den meisten europäischen Ländern längst wieder so viel geflogen wie vor der Pandemie.
Beim Start eines Mittelstreckenjets vom Typ Airbus A320 werden an deutschen Flughäfen rund 4.000 Euro staatliche Abgaben fällig, klagt die Lufthansa. Der gleiche Start in Madrid oder Barcelona werde nur mit 600 Euro belastet. All diese Kosten müssen über die Tickets wieder hereingeholt werden, dazu kommen noch milliardenschwere Investitionen in neue Flugzeuge.