Reformpläne der EU Finanzmärkte besteuern und Ratings kontrollieren

Stand: 02.06.2010 18:04 Uhr

Die EU macht bei der Verschärfung der Regeln für Banken und Finanzmärkte Tempo. EU-Kommissionspräsident Barroso sprach sich für eine Steuer auf Finanzgeschäfte aus. EU-Kommissar Barnier will die Ratingagenturen unter zentrale Kontrolle stellen. Bei Regelverstößen sollen den Agenturen empfindliche Strafen drohen.

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso unterstützt den Vorschlag Deutschlands, eine Steuer auf Finanzgeschäfte einzuführen. "Ich bin für eine Finanztransaktionssteuer oder eine Gewinnsteuer", sagte Barroso. Diese Steuer könne zusätzlich zu einer Bankenabgabe erhoben werden.

Mehr Kontrolle über die Ratingagenturen

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier will noch strengere Regeln für Ratingagenturen einführen, die mit einer bereits verabschiedeten Verordnung ab Ende 2010 erstmals überhaupt der Finanzaufsicht unterliegen werden. Künftig sollen sie unter Kontrolle einer europäischen Behörde stehen: Der Entwurf einer Gesetzesänderung aus seinem Haus sieht vor, die Agenturen künftig von der noch zu schaffenden europäischen Börsenaufsicht ESMA beaufsichtigen zu lassen.

Bisher sollten die nationalen Aufsichtsbehörden notfalls mit Bußgeldern dafür sorgen, dass die Agenturen Moody's, Standard & Poor's sowie Fitch Ratings die neuen EU-Regeln einhalten. Künftig soll die ESMA Strafen von bis zu 20 Prozent des Umsatzes der verantwortlichen Filiale einer Agentur verhängen können. Die Änderungen verbesserten die Aufsicht, sagte Barnier.

"Aber das ist nur ein erster Schritt, wir schauen uns diesen Markt genau an." Barnier will noch weiter gehen: "Wir müssen an einer europäischen Ratingagentur arbeiten, die sich mit den Risiken der Staatsschulden befasst", sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Die EU-Behörde werde den Bedarf einer europäischen Ratingagentur überprüfen, sagte auch Kommissionschef Barroso. Es gebe zu wenig Wettbewerb unter den Agenturen.

EU drückt aufs Tempo

Barroso bezeichnete die Vorschläge als finalen Schub, um die Finanzbranche zu reformieren. Spätestens bis zum Frühjahr wolle die EU-Exekutive alle geplanten Gesetze vorschlagen. Das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten rief Barroso auf, bei der Verabschiedung dann ebenfalls Tempo zu machen.

Ratingagenturen

Ratingagenturen bewerten die Kreditwürdigkeit von Unternehmen, Banken und Staaten. Dabei fließen veröffentlichte Zahlen, Brancheneinschätzungen und Beurteilungen des Managements. Die einflussreichsten Ratingagenturen sind Standard & Poor's (S&P), Moody's und Fitch.

Je schlechter sie die Bonität eines Marktteilnehmers beurteilen, umso teurer und schwieriger wird es für diesen, sich Geld zu besorgen. Am Rating orientieren sich nicht nur Banken, sondern zum Beispiel auch institutionelle Investoren.

Für ihre Einstufungen verwenden die Agenturen Buchstabencodes. Die Skala beginnt beispielsweise bei Standard & Poor's und Fitch mit der Bestnote AAA. Es folgen AA, A, BBB, BB, B, CCC, CC, C. Die meisten Stufen können mit Plus- und Minuszeichen noch feiner unterteilt werden. Ab BB+ beginnt der spekulative Bereich, der auch "Ramsch" genannt wird. D bedeutet, dass ein Ausfall des Schuldners eingetreten ist.

Kritiker bemängeln, es bleibe oft unklar, welcher Anteil der Ratings Mathematik und welcher Meinung ist. In der Finanzkrise wurden Ratingagenturen kritisiert: Weil sie Ramschpapiere als sichere Geldanlage anpriesen, wurde ihnen eine Mitschuld an der Krise gegeben.