Opel-Beratungen im Kanzleramt FDP verärgert über Opel-Initiative Merkels
Die Koalition hat einen neuen handfesten Konflikt: Die FDP schätzt die Opel-Initiative von Kanzlerin Merkel als verantwortungslos ein. Auf Umwegen heute doch noch mit vier Länderchefs Steuergelder für Opel bereitstellen zu wollen, sei schwer begreiflich, sagte FDP-Fraktionsvize Döring. Wirtschaftsminister Brüderle hatte Staatshilfen abgelehnt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) berät zur Stunde mit mehreren Ministerpräsidenten über mögliche Hilfen für Opel. Dieses Treffen hatte sie anberaumt, nachdem Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) am Mittwoch Staatshilfen für den Automobilproduzenten abgelehnt hatte. Kurz darauf hatte Merkel öffentlich verkündet, das letzte Wort zur Zukunft des Autobauers sei noch nicht gesprochen. Damit düpierte sie den ohnehin in der Kritik stehenden Liberalen. Der ist trotz zunächst anders lautender Meldungen heute bei den Beratungen dabei sein.
Die Kanzlerin gab sich keine Mühe, den Konflikt zu kaschieren, als sie ihre Intervention ankündigte. Es sei seit langem bekannt, dass es in dieser Frage in der Koalition unterschiedliche Haltungen gebe. Brüderles Entscheidung sei Ausdruck dieser Differenzen. Und diese Entscheidung war Merkel offensichtlich nicht gewillt, hinzunehmen.
Döring: Keine verantwortungsvolle Politik
Die FDP hat den neuen Vorstoß der Bundeskanzlerin für Opel-Hilfen als unverständlich kritisiert. "Ich finde die Reaktion der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten schwer begreiflich", sagte Fraktionsvize Patrick Döring der Nachrichtenagentur Reuters. Die Entscheidung von Brüderle gegen Staatsbürgschaften sei richtig. "Dass die Kanzlerin und die Länder mit Opel-Standorten - die übrigens alle zu den Nehmer-Ländern im Länderfinanzausgleich gehören - jetzt auf Umwegen doch noch Steuergeld bereitstellen wollen, hat in meinen Augen mit einer verantwortungsvollen Wirtschaftspolitik wenig zu tun." Für Opel mit seiner Mutter General Motors dürften nicht andere Kriterien gelten als für andere Unternehmen, die sich um Staatshilfe aus dem Deutschlandfonds bemühten.
Döring wies darauf hin, dass Opel-Chef Nick Reilly erklärt habe, es werde auch ohne Bürgschaften der Regierung keine wesentlichen Änderungen am Sanierungskonzept und keine Werksschließungen in Deutschland geben. "Damit ist doch offensichtlich, dass die Amerikaner die ganze Zeit geblufft haben, um an billiges Geld zu kommen", sagte Döring. "Nachdem die Karten jetzt offen auf dem Tisch liegen und alle Welt sehen kann, dass es auch ohne staatliche Hilfen geht, ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar, dass die Kanzlerin sich jetzt noch einschaltet und General Motors ohne jede Not und Notwendigkeit zu Staatsbürgschaften verhelfen will."
Lindner: Keine "Lex Opel"
FDP-Generalsekretär Christian Lindner war nicht weniger massiv in seiner Kritik: Es sei "nicht verständlich", dass von seiten der Politik nach der klaren Entscheidung des Wirtschaftsminister noch Einfluss genommen und eine "Lex Opel" gesucht werde. Die FDP lehne "alle winkeladvokatorischen Versuche" ab, Möglichkeiten für Opel zu schaffen - und zwar an den "klaren Regeln, die für alle Unternehmen in gleicher Weise gelten", vorbei.
Hilfsbedürftig trotz Milliardengewinn?
Im Kern geht es um Bankbürgschaften in Höhe von 1,1 Milliarden Euro. Diese sollten aus dem Deutschlandfonds gezahlt werden. Nach Ansicht von Brüderle geht es dem Opel-Mutterkonzern General Motors inzwischen aber wieder gut genug, um ohne staatliche Hilfen überleben zu können. Zudem habe der Staat Opel bereits erheblich geholfen. Er verwies auf staatliche Überbrückungskredite aus dem vergangenen Jahr und auf die Abwrackprämie.
Mit seiner Entscheidung stellte sich Brüderle nicht nur gegen die Kanzlerin, sondern auch gegen die Regierungen der Bundesländer mit Opel-Standorten. Diese hatten in den vergangenen Wochen Opel bereits Unterstützung in Millionenhöhe zugesagt unter der Bedingung, dass die Bundesregierung dem Antrag auf Kreditbürgschaften stattgebe.
Beck sieht noch Möglichkeiten für Opel-Hilfe
Trotz der ablehnenden Haltung von Brüderle sprach sich der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck dafür aus, Opel mit Staatshilfen zu retten. Er hoffe, "dass wir auf das Übereinkommen zurückkommen, dass sich Bund und Länder über Bürgschaften beteiligen und damit Opel Deutschland eine Chance geben", sagte der SPD-Politiker im ARD-Morgenmagazin. Aus Sicht der Länder seien "auch andere Finanzierungsformen über europäische Förderbanken beispielsweise denkbar".
Beck und die Länderchefs von Hessen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen wollen nun am Nachmittag im Kanzleramt mit Merkel ausloten, welche Form von Hilfe für die Opel-Standorte in ihren Ländern noch möglich ist. Brüderle wird trotz seiner ablehenden Haltung dabei sein.