Nord Stream 2 Bau geht voran - aber die Kritik wächst
Ende 2019 soll Nord Stream 2 fertig gebaut sein. Die Arbeiten liegen im Plan, dabei wächst der Widerstand gegen die Gaspipeline. Aus den USA drohen Sanktionen und auch die EU macht mobil.
Eine Gaspipeline muss eine ganze Menge aushalten. Deshalb sind die auf dem Meeresgrund der Ostsee bereits verlegten Stahlrohre doppelt und dreifach gesichert: Sie sind sowohl durch eine Anti-Rost-Beschichtung geschützt, als auch von einem dicken Beton-Mantel umhüllt.
Ob die Nord-Stream-2-Pipeline allerdings dem politischen Druck gewachsen sein wird, der auf ihr lastet, ist noch nicht entschieden, auch wenn man sich von Seiten der Betreiber unbeirrt gibt: "Es ist weiterhin geplant, Ende 2019 den Bau und die Inbetriebnahme abzuschließen und dann mit dem Gastransport Richtung Europa zu beginnen", sagt Steffen Ebert, Kommunikationsdirektor der Betreibergesellschaft. Man liege damit voll im Zeitplan.
Rohre auf einem Viertel der Strecke verlegt
In der Tat vermochten bislang weder die Spannungen im Schwarzen Meer zwischen Russland und der Ukraine, noch der jüngste Streit der NATO mit der Führung in Moskau um nukleare Mittelstreckenwaffen, die Pipeline-Pläne durcheinander zu bringen: Mehr als 300 Kilometer und damit rund ein Viertel der Gesamtstrecke sind bereits verlegt.
Man liegt so gut im Soll, dass man den Arbeitern auf der Baustelle nahe Lubmin - jenem Badeort an der Ostsee unweit von Greifswald, wo das russische Gas schon in zwölf Monaten ankommen soll, bis zum 7. Januar frei gegeben hat. Vieles ist im Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns bereits fertig.
"So, wir stehen jetzt hier vor einem der großen Sicherheitsabsperrventile", erklärt Ebert nicht ohne Stolz in der Stimme, während er mit gelbem Schutzhelm und Neonweste über die Baustelle und an einem gigantischen Rohr vorbei stapft, das nur darauf zu warten scheint, mit dem Rest der Trasse verbunden zu werden.
Ein 100 Tonnen schweres Absperrventil wird auf ein Fundament gesetzt.
Zahlreiche Gegner
Bei all dem ist es kein Geheimnis, dass es mächtige Gegner der Pipeline gibt, die sich nichts sehnlicher wünschen, als dass dieses Neun-Milliarden-Euro-Projekt ein unvollendetes bleibt.
"Deutschland ist dabei, sich in dieser Frage maximal zu isolieren. Aus ökologischen und klimapolitischen Gründen bis hin zu sicherheitspolitischen Fragen ist es so eindeutig, dass dieses Projekt Europa nicht nützt und auch Deutschland nicht nützt", kritisiert etwa der EU-Parlamentarier Reinhard Bütikofer von den Grünen.
Die baltischen Staaten und Polen waren schon immer Gegner von Nord Stream 2, der EU-Partner Ukraine sowieso. Das Land muss fürchten, dass ihm Milliarden-Summen verloren gehen, die ihm mit der Durchleitung von Gas aus Russland in die EU derzeit noch garantiert sind.
Dann sind da noch die USA: "Die ganze Welt redet darüber: Wir sollen euch vor Russland beschützen und gleichzeitig bezahlt ihr Milliarden von Dollars an Russland für Energielieferungen. Wenn man es genau betrachtet, ist Deutschland ein Gefangener Russlands", beschwerte sich US-Präsident Donald Trump zuletzt beim NATO-Gipfel im Juli. Dessen Schimpftirade zog sich über Minuten hin.
Minutenlang schimpfte Trump über Deutschland und Nord Stream 2.
Sanktionsdrohungen aus Washington
Auch der Kongress folgt weitgehend der Einschätzung ihres Präsidenten, mal abgesehen von der den meisten doch etwas abwegig erscheinenden Behauptung, Deutschland werde sozusagen aus Moskau ferngesteuert.
Aus Washington jedenfalls dürfte derzeit die größte Gefahr für die Rohrleitung kommen: Sollten europäische Unternehmen, die mit Russland Gasgeschäfte machen, tatsächlich eines Tages mit Sanktionen belegt werden, wird es brenzlig.
Bei Nord Stream 2 sieht man darin den Versuch Trumps, das derzeit preislich weniger attraktive US-Flüssiggas mit aller Macht in den europäischen Markt hinein und Moskau hinaus zu drücken: "Die Amerikaner versuchen offensichtlich, über diese politische Schiene, einen ernsthaften Wettbewerber aus dem Markt zu drängen."
So groß der Druck aus den USA und anderen Ländern sein mag, die Verlegung der Rohre geht unverdrossen voran.
Nachdenkliche Töne aus der CDU
Jedenfalls dürfte es nicht zuletzt der Widerstand aus den USA sein, der in Berlin zumindest ein neue Nachdenklichkeit auslöste: So schlugen alle drei aussichtsreichen Kandidaten für den CDU-Vorsitz inklusive der letztlich gewählten Annegret Kramp-Karrenbauer neue, kritische Töne gegenüber Nord Stream 2 an. Ob das allerdings dazu führt, dass sich die offizielle Linie der Bundesregierung ändert, ist fraglich.
"Ich begrüße, dass in der Union neu nachgedacht wird. Es hat ja immer schon Stimmen gegeben, die davor gewarnt haben, die deutsche Politik zum Hilfsmotor der russischen Politik zu machen", sagt der Grünen-Abgeordnete Bütikofer.
Der Druck auf die Rohrleitung kommt aus allen Himmelsrichtungen: Auch die EU-Kommission gibt ihre Versuche noch nicht auf, sich ein Mitspracherecht bei Nord Stream 2 zu sichern, was die Bundesregierung bislang mit Erfolg blockiert.
Sollte Brüssel dies allerdings doch noch gelingen, könnte die Kommission über den Umweg EU versuchen, die Leitung so unattraktiv für Russland zu gestalten, dass es die Lust verliert. Doch selbst wenn die Pipeline doch noch gestoppt werden sollte, würde dies buchstäblich auf den letzten Metern geschehen: Denn in der Ostsee werden in zügigem Tempo weiter unbeirrt Rohre verlegt.