EU-Landwirtschaftsminister beraten Existenzkampf der Milchbauern
Der Milchpreis fällt seit Wochen. Vergangenes Jahr bekamen die Bauern für einen Liter noch rund 40 Cent, mittlerweile sind es teilweise nur noch 24. Die Landwirte hoffen nun auf die EU. Die will helfen, aber nicht mit neuen Quoten.
Seit dem Wochenende sind sie mit ihren Treckern unterwegs: Tausende Milchbauern aus Deutschland und anderen EU-Ländern. Ihr Ziel: Die europäische Hauptstadt, wo sich heute die EU-Agrarminister treffen und vermutlich auch heftig streiten werden.
Denn die Krise auf dem Milchmarkt ist in vollem Gang, sagt Romuald Schaber vom Bund deutscher Milchbauern: "Die Lage ist äußerst angespannt, wir haben einen Preisverfall ausgehend von 40 Cent letztes Jahr, runter auf jetzt 28 Cent, 29 Cent in Bayern und bereits bis zu 24 Cent in Norddeutschland", berichtet er. Und er warnt: "Die Milchproduzenten sind akut in ihrer Existenz bedroht."
Während die Bauern also draußen vor dem Ratsgebäude ihren Unmut kundtun, werden drinnen die Minister beraten. Was tun, nachdem im März dieses Jahres doch noch eine regelrechte Aufbruchstimmung herrschte? Die Milchquote war da gerade abgeschafft worden, und EU-Agrarkommissar Phil Hogan prophezeite fette Zeiten: "Wir sind jetzt auf dem Weg zu einer marktorientierten Politik. Diesen Weg wollen wir gehen und hoffen damit auf verstärkte Wachstumsimpulse, damit es in den ländlichen Gebieten endlich wieder wirtschaftlich voran geht."
Bauern sehen Russland und China als Ursache des Preisverfalls
Stattdessen befindet sich der Milchpreis nun im freien Fall, während die Bauern wütend auf die Barrikaden gehen. Die Gründe für die Krise seien zwar vielschichtig, aber zum Glück zeitlich begrenzt, meint Ulrike Müller, die für die Freien Wähler im EU-Parlament sitzt und als Milchbäuerin auch selbst betroffen ist. "Die kritische Lage mit der Ukraine und Russland hat uns massiv geschädigt, wir haben überhaupt keine Möglichkeiten mehr, unseren hochwertigen Käse und Milchprodukte nach Russland zu liefern und wir haben eine krankende Wirtschaft in China. Da sind die Handlungsmöglichkeiten von den einzelnen Landwirten relativ gering."
Den Wegfall der Quote will Müller nicht als Ursache erkennen, Preisstürze wie diese habe es auch früher schon gegeben. Das sieht die Grünen-Europaabgeordnete Maria Heubuch anders: "Es war die letzten fünf Jahre schon ein Fehler, die Quote sukzessive auszuweiten. Und dass der Markt nicht da ist, das sieht man schon länger. Das Angebot ist höher als die Nachfrage und deshalb passt der Preis nicht mehr." Die grüne Abgeordnete plädiert deshalb für eine Abkehr vom freien Markt.
EU-Kommission: Keine neue Quote
Doch davon will die EU-Kommission nichts wissen. Das Ende der Quote sei unwiderruflich. So sehen das wohl auch die meisten der Agrarminister. Einlassen könnte man sich aber sehr wohl auf verschiedene andere Instrumente - alle zeitlich befristet. Darunter der Aufkauf von Magermilchpulver und Butter, mit dem Ziel, diese Produkte dann zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Preise wieder gestiegen sind, gewinnbringend zu verkaufen.
Dafür würde auch der europaweit festgelegte Mindestpreis entsprechend angehoben werden. Oder: Die vorgezogene Auszahlung von Einkommenshilfen für die Landwirte, sowie die Vergabe von Krediten oder sogar Beihilfen für notleidende Bauern. Während Frankreich zu den Befürwortern umfangreicher Hilfen gehört, ist die Bundesregierung ganz im Gegenteil unter den Bremsern zu finden. Ausgang völlig offen.