EU-Gericht bestätigt Bußgeld Schwere Schlappe für Microsoft
Microsoft muss eine Niederlage vor dem Europäischen Gericht erster Instanz verkraften. Die Luxemburger Richter verwarfen einen Einspruch des US-Softwareriesen. Sie bestätigten stattdessen ein 497-Millionen-Euro-Bußgeld, das die EU-Kommission im März 2004 wegen Missbrauchs von Marktmacht verhängt hatte. Die US-Regierung kritisierte das Urteil: Die Entscheidung beeinträchtige Innovationen.
Von Peter Heilbrunner, SWR-Hörfunkkorrespondent Brüssel
Gerade einmal vier Minuten brauchte der Vorsitzende Richter des Europäischen Gerichts, Bo Vesterdorf, um das vor allem für Microsoft weitreichende Urteil zu verkünden: Das Gericht hat dem Software-Riesen eine Niederlage auf ganzer Linie beschert und sich eindeutig auf die Seite der Brüsseler Wettbewerbshüter gestellt.
Es bestehe die Gefahr, dass durch das Verhalten von Microsoft Wettbewerb ausgeschaltet werde, weil Microsoft sein Betriebssystem Windows mit der hauseigenen Serversoftware verknüpft, schreiben die Richter in ihrer Urteilsbegründung. Die Strafe von fast 500 Millionen Euro halten die Juristen deshalb für gerechtfertigt. Zudem wird der Softwarekonzern aufgefordert, bestimmte Daten offenzulegen - damit die Konkurrenten dafür sorgen können, dass die Microsoft-Anwendungen vom Schreibprogramm Word über die E-Mail-Anwendung Outlook auch auf den Servern der Konkurrenz richtig funktionieren. Microsoft solle einen Vorschlag unterbreiten, wie unabhängigen Experten Zugang verschafft werden könne zu vertraulichen Informationen über die Schnittstellen-Software, sagte Richter Bo Vesterdorf während der Urteilsverkündung.
Microsoft missbraucht seine Marktstellung
Offenbar hat das Zahlenmaterial, das die EU-Wettbewerbshüter in Luxemburg präsentiert haben, die Richter beeindruckt. Die Monopol-Wächter in Brüssel hatten immer damit argumentiert, dass Microsoft seinen Anteil an Serversoftware innerhalb nur weniger Jahre von 40 auf 80 Prozent verdoppeln konnte - es droht also aus Sicht der Kommission die gleiche Gefahr wie beim Betriebssystem Windows im Heim-PC-Bereich. Dort hat Microsoft mit geschätzten 95 Prozent ein Quasi-Monopol. Deshalb haben die Richter am Europäischen Gericht auch im Zweiten Punkt zugunsten Brüssels geurteilt: Der integrierte Media-Player im Betriebssystem Windows lässt anderen Mitbewerbern gar keine Chance, auf den Markt für Abspielsoftware eine Rolle zu spielen - Microsoft missbrauche auch da seine Marktmacht, urteilen die Juristen nun.
Entscheidung über Berufung steht aus
Ob Microsoft die Niederlage so einfach hinnehmen wird, ist derzeit noch unklar. Der Software-Gigant braucht noch etwas Zeit um darüber zu entscheiden, ob er in Revision gehen wird. So eine Entscheidung müsse man sorgfältig analysieren, warb Microsoft-Chefjurist Brad Smith um Geduld.
Beobachter rechnen jedoch damit, dass Microsoft juristisch nicht klein beigeben wird: Schließlich steht das Geschäftsmodell des Konzerns in Frage - ausgehend vom Betriebssystem den Software-Markt zu kontrollieren.
Auswirkungen für Verbraucher noch unklar
Die EU-Kommission hat einen Punktsieg errungen: Sie hat gezeigt, dass sie auch einen Hochtechnologie-Markt wirksam kontrollieren kann. Für die Verbraucher besteht nun die Hoffnung, bald mehr Auswahl und damit sinkende Preise am Software-Markt zu haben. Aber ob diese Entwicklung tatsächlich eintritt, kann heute niemand ernsthaft vorhersagen.