Nach jahrelangem Streit EU bestätigt Einigung bei Pkw-Maut
Der jahrelange Streit zwischen Brüssel und Berlin um die deutsche Pkw-Maut ist beigelegt. Nach entsprechenden Zusagen gebe es keine rechtlichen Bedenken mehr, sagte EU-Verkehrskommissarin Bulc nach einem Treffen mit Bundesverkehrsminister Dobrindt.
Die EU-Kommission gibt grünes Licht für ein geändertes Modell der deutschen Pkw-Maut. Mit den vom Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt zugesagten Änderungen werde gewährleistet, dass das deutsche Maut-System künftig mit EU-Recht vereinbar sei, betonte EU-Verkehrskommissarin Bulc. Die Brüsseler Behörde legt damit das gegen Deutschland laufende Verfahren wegen der Verletzung von EU-Recht auf Eis. Nun sei klar, "dass die Maut kommt", betonte Dobrindt.
Pläne für EU-weite Maut
Es werde keine Mehrbelastung für inländische Autofahrer geben, versicherte der Minister weiter. Er fügte hinzu, dass mit einer Einführung der Abgabe vor der Bundestagswahl nicht mehr zu rechnen sei. Bulc sagte, mit der gefundenen Einigung sei auch ein erster großer Schritt in Richtung einer binnenmarktfreundlichen und EU-weiten Maut getan. Sie wolle einen entsprechenden Vorschlag bis April vorlegen.
Günstigere Kurzzeitvignetten
Erzielt wurde der Durchbruch, weil Dobrindt der EU-Kommission in zentralen Punkten entgegenkam: So wurden die Kurzzeitvignetten für Ausländer stärker gestaffelt, was zu mehr Preisgerechtigkeit führt und dem Ganzen eine grüne Note gibt. So soll es fünf statt drei unterschiedliche Kategorien geben - je nach Hubraum beziehungsweise Schadstoffausstoß. Die Zehn-Tage-Maut wäre demnach schon ab 2,50 Euro zu haben. Für ein großes, älteres Fahrzeug würde sie 20 Euro kosten. Eine Zwei-Monats-Vignette schlägt im Entwurf mit 7 bis 40 Euro zu Buche.
Staffelung nach Schadstoffausstoß
Vom Tisch ist allerdings die ursprünglich geplante 1:1-Entlastung für deutsche Autofahrer bei der Kfz-Steuer. Stattdessen sollen bei der Kfz-Steuer Halter besonders schadstoffarmer Fahrzeuge besonders stark entlastet werden. Die Entlastungen bei der Kfz-Steuer sollen sich auf rund 100 Millionen Euro für Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro-6 belaufen. Besitzer älterer und schlechter eingestufter Modelle sollen ohne Zusatzbelastung davonkommen.
Es soll also keine generelle Bevorzugung deutscher Maut-Zahler und keine Diskriminierung ausländischer Benutzer deutscher Straßen geben. Dadurch soll Dobrindts neue Maut mit dem Europarecht vereinbar sein und die Bedenken der EU-Kommission ausgeräumt sein.
"SPD darf sich nicht zum Steigbügelhalter machen"
Der niedersächsische Verkehrsminister Olaf Lies kritisierte den Kompromiss. Auf NDR Info appellierte der SPD-Politiker an seine Partei, das Vorhaben in Berlin zu blockieren. Die SPD dürfe sich jetzt nicht zum Steigbügelhalter für einen Bundesverkehrsminister machen, der mit aller Macht versuche, mit dem Kopf durch die Wand zu kommen. Der Kompromiss mit Brüssel sei kein politischer Erfolg, betonte der niedersächsische Verkehrsminister. Die Pkw-Maut verursache Kosten. Außerdem blute der Autofahrer, der sich nicht das neueste Auto leisten könne, so Lies.
"Lachnummer in ganz Europa"
Auch aus der Opposition kommt bereits scharfe Kritik. Dobrindt beglücke das Land mit einer Maut, die den Staat mehr koste als sie einbringe, kritisierte der Grünen-Politiker Oliver Krischer. Deutschland mache sich "mit der CSU-Maut zur Lachnummer in ganz Europa". Der Linken-Politiker Herbert Behrens zeigte sich skeptisch, ob die Maut in Deutschland tatsächlich kommt. Es sei unklar, ob der Kompromiss mit Brüssel die Verhandlungen in der Großen Koalition überstehe und es noch einen Gesetzentwurf gebe.
Einnahmen von jährlich 500 Millionen Euro erwartet
Trotz der geplanten Änderungen auf Drängen der EU soll die Maut laut Dobrindt unter dem Strich weiterhin die bisher prognostizierten 500 Millionen Euro pro Jahr einbringen, die direkt in die Infrastruktur fließen sollen. Grund dafür sei die Kombination aus erwarteten Mehreinnahmen bei den Kurzzeitvignetten, der Entlastung für schadstoffarme Pkw und das weiter gestiegene Verkehrsaufkommen ausländischer Fahrzeuge. SPD und Grüne bezweifeln dies und Nachbarländer wie Österreich wollen prüfen, ob sie nicht trotz des ausgehandelten Kompromisses klagen.
Mit Material von Holger Romann, ARD-Studio Brüssel