Verurteilung im VW-Skandal "Der Richter wollte ein Zeichen setzen"
Der frühere VW-Ingenieur Liang hatte sich schuldig bekannt, die Betrugssoftware im VW-Dieselskandel mit entwickelt zu haben. Er kooperierte mit der Justiz. Dennoch wurde er von einem US-Richter zu hohen Haft- und Geldstrafe verurteilt. Seine Anwälte sind schockiert.
Im VW-Dieselskandal ist der erste VW-Verantwortliche in den USA verurteilt worden. Ein Bundesrichter in Detroit entschied, dass der heute 63-jährige ehemalige Diesel-Experte von VW, James Liang, für 40 Monate ins Gefängnis gehen und 200.000 Dollar zahlen muss. Liangs Verteidiger reagierten schockiert über das harte Urteil, hatte der frühere VW-Ingenieur sich doch selbst gestellt und als Kronzeuge mit den US-Ermittlern zusammengearbeitet.
Für Liang und seine im Gerichtssaal anwesende Familie war das Urteil ein heftiger Schlag. Sein deutscher Anwalt Gero von Pelchrzim sagte dem ARD-Studio Washington, dass es für alle Beteiligten ein großer Schock gewesen sei. Vor dem Urteilsspruch hatte die Verteidigung wiederholt für eine Bewährungsstrafe von einem Jahr Hausarrest plädiert. Schließlich sei Liang nicht "Mastermind" des Diesel-Skandals gewesen. Wörtlich sagte Liangs Anwalt Daniel Nixon: "Er saß nicht in der Führungsetage, sondern in einem kleinen Büro."
Noch härter als von Staatsanwalt beantragt
Bundesrichter Sean Cox ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken. Sein Urteil fiel sogar noch härter aus als die von der Staatsanwaltschaft beantragten drei Jahre Haft und 20.000 Dollar Geldstrafe.
Das sei enttäuschend, sagt von Pelchrzim, auch wenn Liang die Höchststrafe von fünf Jahren erspart blieb. "Dass der Richter jetzt noch vier Monate daraufgesetzt hat plus - und das ist auch höchst dramatisch - eine Geldstrafe von 200.000 Dollar, damit hätten wir so nicht gerechnet", so von Pelchrzim.
Schwere Straftat
Bundesrichter Cox sagte in seiner Urteilsbegründung, Liang habe trotz seiner Kooperation als "brillianter Ingenieur" und "wichtige Schlüsselfigur" im Dieselskandal an einer schweren Straftat mitgewirkt. Der Diesel-Skandal sei ein "massiver Betrug an den Verbrauchern in den USA" gewesen. Das Urteil müsse ein abschreckendes Signal für alle Wirtschaftsunternehmen sein.
Weil keine hochrangigen VW-Verwortlichen in den USA gefasst wurden, treffe es nun Liang, sagt von Pelchrzim. "Der Richter wollte hier ein Exempel statuieren. Er wollte ein Zeichen setzen. Ich glaube, dass das Pech von Herrn Liang ist, dass er als ein kleines Rädchen im Getriebe im Einflussgebiet der amerikanischen Strafverfolgungsbehörden gewesen ist."
Berufung gegen das Strafmaß möglich
Liangs Anwälte können zwar das Urteil als solches nicht anfechten. Möglich wäre aber, Berufung gegen das Strafmaß einzulegen. "Es gibt nicht viele Möglichkeiten. Aber die Möglichkeiten, die wir haben, prüfen wir", sagt von Pelchrzim.
Trotz des harten Urteils erkennt Liangs Anwalt auch positive Aspekte im Urteilsspruch. Immerhin sei der 63-Jährige nicht sofort im Gerichtssaal von Detroit verhaftet worden. Außerdem werde er wohl in einem Gefängnis in Kalifornien inhaftiert, so dass seine dort lebenden Kinder ihn regelmäßig besuchen können.
Abgesehen von den familiären Aspekten ist das Urteil aber auch für Liangs direkten Vorgesetzten bei VW keine gute Nachricht. VW-Manager Oliver Schmidt, der Anfang des Jahres nach einem Urlaub in Florida festgenommen wurde, drohen bis zu sieben Jahre Haft. Schwer vorstellbar, dass das Bundesgericht in Detroit bei seiner Urteilsverkündung am 6. Dezember ein größeres Entgegenkommen zeigt.