Impeachment-Ermittlungen Trumps Spiel auf Zeit
US-Präsident Trump versucht alles, um die Impeachment-Ermittlungen gegen sich zu verzögern. Seine Taktik könnte Erfolg haben - und stürzt die Demokraten in ein Dilemma.
Der Zeitplan der Demokraten im Kongress war ehrgeizig: Möglichst bis Weihnachten sollte das Amtsenthebungsverfahren im Repräsentantenhaus abgeschlossen sein. Anfang 2020 hätte dann der Senat entscheiden können, ob der US-Präsident tatsächlich des Amtes enthoben wird.
Wegen der republikanischen Mehrheit im Senat sieht es nach jetzigem Stand nicht danach aus. Dennoch hätten die Demokraten ihre Pflicht getan und könnten sich rechtzeitig vor Beginn der heißen Wahlkampfphase wieder anderen Themen widmen.
Doch diesem Zeitplan will US-Präsident Trump nicht folgen. Er will das Verfahren möglichst bis zur Wahl im November hinauszögern. Deshalb geht Trump erneut auf Konfrontationskurs.
Das Weiße Haus mauert
In einem Schreiben an das Repräsentantenhaus verweigerte das Weiße Haus die Zusammenarbeit mit dem Kongress. Weder werden angeforderte Unterlagen bereitgestellt, noch dürfen vorgeladene Regierungsmitarbeiter im Kongress aussagen. Die Begründung: Das Verfahren entbehre jeder Grundlage, weil die Abgeordneten noch nicht über die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens abgestimmt haben.
Für Trump ist die Ukraine-Affaire ohnehin nur eine Fortsetzung der "Hexenjagd" gegen ihn: Es sei alles Schwindel, sagte er, "ein politischer Schwindel!"
Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, verurteilte die Blockade-Politik: Der Brief aus dem Weißen Haus sei nur der letzte Versuch, Trumps Verrat an der Demokratie zu vertuschen. Pelosi warnte Trump, die Verweigerungshaltung des Präsidenten sei ein weiterer Beleg für Justizbehinderung. "Der Präsident muss zur Verantwortung gezogen werden", betonte sie: "Niemand steht über dem Gesetz."
Die langsamen Mühlen der Justiz
Was aber tun, wenn sich Exekutive und Legislative streiten und eine Verfassungskrise droht? Normalerweise landen solche Konflikte früher oder später vor dem Obersten Gerichtshof. Die Demokraten im Repräsentantenhaus könnten ihr Recht auf Unterlagen und Zeugenaussagen vor Gericht einklagen. Und nach Einschätzung von Michael Gerhardt, Jura-Professor an der University of North Carolina, gibt die Verfassung den Kongressabgeordneten Recht: "Die Verfassung sagt eindeutig, dass das Repräsentantenhaus die alleinige Macht hat, ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten. Wie das Repräsentantenhaus dabei vorgeht, entscheiden die Abgeordneten und nicht der Präsident."
Das Dilemma der Demokraten: Die Mühlen der Justiz mahlen langsam. Bis die Gerichte entschieden haben, könnte Trump das drohende Amtsenthebungsverfahren hinauszögern, möglicherweise bis kurz vor oder gar bis nach der Präsidentschaftswahl.
Drohende Verfassungskrise
Die zweite Option für Pelosi: Sie könnte die Voruntersuchungen für beendet erklären und das gesamte Repräsentantenhaus abstimmen lassen, ob ein offizielles Amtsenthebungsverfahren gegen Trump eingeleitet wird. Das Problem dabei: Einige demokratische Abgeordnete aus konservativen Bundesstaaten wollten bewusst die Voruntersuchungen abwarten, weil sie noch unentschlossen sind. Das könnte Trump politisch ausschlachten.
Ebenfalls unklar: Was, wenn sich Trump auch nach der offiziellen Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens weigert, Unterlagen und Zeugen bereitzustellen? Die dann drohende Verfassungskrise müsste der Oberste Gerichtshof klären. Doch ob das vor der Wahl 2020 gelingt, darf bezweifelt werden. Trump jedenfalls wird alles versuchen, um auf Zeit zu spielen.