Zwei Jahre nach der Pleite der Investmentbank Lehman lastet weiter auf der US-Wirtschaft
Vor zwei Jahren führte der Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers die Weltwirtschaft an den Rand des Zusammenbruchs. Seither hat die US-Regierung Milliarden in den Finanzsektor gepresst, um ihn zu stabilisieren. Was haben die Hilfsmaßnahmen gebracht?
Von Rüdiger Paulert, WDR-Hörfunkstudio Washington
Die amerikanische Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise und hat die Folgen des schweren Finanzmarktdesasters vom Herbst 2008 noch längst nicht überwunden, wenn auch das Schlimmste erst einmal vorüber ist. Mark Zandi, Chefvolkswirt der Ratingagentur Moodys, sagt: "Die Rezession endete schon vor einem Jahr, wohl zum großen Teil wegen des Konjunkturpaketes."
Doch den Arbeitsmarkt hat der Aufschwung in den Vereinigten Staaten praktisch nicht erreicht. Die Arbeitslosenquote beträgt noch immer knapp zehn Prozent und ist damit doppelt so hoch wie in guten Jahren.
Und auch im Spätsommer wird es kaum vom Wirtschaftswachstum Anstöße für den Arbeitsmarkt geben, so Brian Bethune von IHS Global Insight, einem privaten Wirtschaftsforschungsinstitut: "Alle Indikatoren weisen im dritten Quartal auf ein ziemlich schwaches Wachstum hin. Wir rechnen mit etwa 1,3 Prozent." Rex Macy, Chefberater des Anlageunternehmens Wilmington Trust, ist da gar noch pessimistischer: "Wir sehen weiterhin ein kraftloses Wachstum. Wir leben in einer langsam wachsenden Welt."
Das Geld ist weg
Und zu allem Überfluss ist das meiste Geld aus dem großen amerikanischen Konjunkturpaket bereits ausgegeben, Mark Zandi von Moodys: "Die stimulierende Wirkung des Konjunkturpaketes lässt nach. Die Steuererleichterungen für Hauskäufer beispielsweise damit auch."
Schon brechen die Immobilienkäufe wieder ein in den USA und die Zahl der Zwangsversteigerungen steigt. Zudem werden die Immobilienpreise dadurch nach unten gedrückt, dass Banken nun die Häuser und Wohnungen verschleudern, die zum Auslöser der Bankenkrise geworden waren. Dies bringt weitere Immobilienbesitzer in Schwierigkeiten. Zusammen mit der Arbeitslosigkeit hat das Auswirkungen auf die Gesamtnachfrage der Verbraucher. Mark Zandi: "US-Verbraucher sind nicht mehr in der Lage, die Wirtschaft anzukurbeln - weder im Inland, noch im Ausland."
Der Staat kann kaum noch helfen
Auch der Staat fällt faktisch aus, da die Konjunkturanstrengungen das amerikanische Haushaltsdefizit in astronomische Höhen getrieben hat und die Republikaner den Demokraten für weitere große Konjunkturprogramme die Unterstützung verweigern.
Ex-Lehman Chef Richard Fuld gilt als "America's most hated banker".
Ähnlich zahnlos ist die amerikanische Notenbank. Die Leitzinsen sind nahe Null. Der Aufkauf weiterer US-Staatspapiere würde die Geldmenge noch weiter aufblähen und Inflationsgefahren schüren. Bleiben die amerikanische Privatunternehmen. Sie stöhnen über mangelnde Nachfrage und die restriktive Kreditvergabe der Banken.
Trotzdem ein Silberstreif
Trotz all dieser düsteren Zahlen aber bleibt nicht nur der ureigene Optimismus der Amerikaner als letzte Hoffnung. Einige Zahlen deuten doch auf einen Silberstreif am Horizont. Bob Moon, Wirtschaftsredakteur bei der Radiosendung Marketplace: "Die Unternehmensgewinne sind in dieser Erholungsphase so stark gestiegen wie niemals zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg, und die Investitionen in Ausrüstung und Software sind so hoch wie seit 1997 nicht mehr."
Neben der Tatsache, dass die US-Wirtschaft die Talsohle hinter sich gelassen hat, sind es auch solche Zahlen, die den sozusagen von Amts wegen positiv gestimmten Präsidenten Barack Obama inspirieren, wenn er sagt, dass wirtschaftlicher Fortschritt bereits im ganzen Land zu sehen ist.