Vakzine gegen Corona Woran Kubas Impfstoffe noch scheitern
Kuba importiert keine Corona-Impfstoffe - auch nicht aus China oder Russland. Der sozialistische Karibikstaat hat selbst Vakzine entwickelt. Doch für den weltweiten Vertrieb gibt es einige Hürden.
Bei ihrer Theatergruppe am Nachmittag singen die kubanischen Kinder den Pandemie-Song. Das gehört zum Programm. Die Eltern wippen im Takt dazu. Alle Kinder sind seit Monaten geimpft - eine Erfolgsgeschichte, die auch von der Bevölkerung des sozialistischen Karibikstaats gefeiert werden soll.
Kuba ist nicht nur das einzige Land Lateinamerikas, das seine eigenen Impfstoffe während der Pandemie entwickelt. Sondern es habe auch noch einen wesentlichen weiteren Vorteil, sagt die Forschungsleiterin im kubanischen Finlay-Institut Maria Eugenia Toledo Romani. "Im Gegensatz zum Rest der Welt hat Kuba direkt einen kindergerechten Impfstoff entwickelt", so die Wissenschaftlerin. "Als Omikron kam, war das für viele Länder in Europa eine Katastrophe, die Fallzahlen schnellten in die Höhe. In dieser Phase waren unsere Kinder schon alle geimpft."
US-Embargo lässt Devisen ausbleiben
Während die USA und andere Länder Europas erst nach und nach Impfstoffe für Kinder niedrigeren Alters entwickelt haben, begann Kuba bereits im Herbst vorigen Jahres mit der Impfung von Kleinstkindern ab zwei Jahren. Das Land verfügt über langjährige Erfahrungen in der Impfstoffentwicklung. Was ansonsten zehn Jahre gedauert hätte, bewerkstelligten die kubanischen Wissenschaftler in zwei.
Und das trotz einer massiven Wirtschaftskrise. Mit dem Ausbleiben der Touristen mangelt es an Devisen. Und auch in diesem Fall sei das US-Embargo ein großes Hemmnis, sagt der Kuba-Experte Bert Hoffmann vom GIGA-Institut in Hamburg. Gerade für die finanziellen Transaktionen. "Banken dürfen Geschäfte mit Kuba nicht vorfinanzieren, die unter der Ägide der USA sind, und das behindert natürlich alles", sagt Hoffmann. "Das behindert auch so einen Prozess wie Impfstoffherstellung, wo Kuba ganz viel auf Einfuhr von Equipment, medizinischem Equipment, aber auch Vorprodukten, die man für die Herstellung von Impfstoffen braucht, angewiesen ist."
Am Ende hat es die Impfstoffentwicklung nicht verhindert, aber verzögert. Die kubanischen Impfstoffe Soberana 2 und Abdala wurden breit eingesetzt. Kubanische Studien dokumentieren eine hohe Wirksamkeit. Kritiker weisen auf die mangelnde Dokumentation in wissenschaftlichen Journalen hin.
Medikamenten-Mangel als Preis für hohe Impfquote
Nach der Erteilung der Notfallzulassung in Kuba wurden innerhalb weniger Monate mehr als 95 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft - eine der höchsten Impfquoten weltweit. Doch auch das hatte seinen Preis. Denn die Hälfte des Gesundheitsbudgets wurde in die Impfstoffentwicklung investiert. Es mangelt an allen anderen Medikamenten.
Die kubanische Regierung hatte bei der Entwicklung auch auf Export gesetzt. Doch nach wie vor hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) keinen der kubanischen Impfstoffe offiziell zugelassen. Denn dabei wird nicht nur der Impfstoff, sondern auch die Produktionskette überprüft - quasi der TÜV für die Vakzine.
Das sei ein übertriebener Prozess, kritisiert der Kuba-Experte Hoffmann: "Der ist nach Erste-Welt-Standards gestrickt. Das sind die großen Pharmakonzerne, die sich auch Konkurrenz vom Hals halten, indem sie die Ansprüche so hoch schrauben, dass sie eigentlich nur von ressourcenstarken Konzernen wirklich umgesetzt werden können."
Ein Vakzin für ärmere Länder?
Trotzdem ist der kubanische Impfstoff mit Notfallzulassung der jeweiligen Länder bereits unter anderem in Nicaragua, Venezuela oder auch Vietnam zugelassen. Im Iran werden zudem Impfdosen auf Grundlage des kubanischen Wirkstoffes produziert.
Auch eine Kooperation mit Italien sei auf dem Weg, erklärt die Forschungsleiterin im kubanischen Finlay-Institut. "Der Vorteil dieser Impfstoffe ist, dass sie keine extreme Kühlung benötigen. Sie müssen nur zwischen zwei und acht Grad gelagert werden", sagt sie. "Die Produktionskosten sind vergleichsweise gering, deswegen bietet es sich an, dass sie gerade in diesem Kontext in benachteiligten Regionen der Welt eingesetzt werden können."
Hierfür bleibt nur die Zertifizierung durch die WHO nach wie vor eine Hürde.