Creditreform Wieder mehr Firmenpleiten
Erstmals seit der Wirtschaftskrise 2009 steigt die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland wieder. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform sieht darin eine nachhaltige Trendwende.
Erstmals seit der Finanzkrise 2009 ist die Zahl der Firmenpleiten im zu Ende gehenden Jahr wieder gestiegen. Nach Schätzung von Creditreform werden bis Jahresende 14.700 Unternehmen den Gang zum Insolvenzgericht angetreten haben, das sind vier Prozent mehr als 2021. Das sei der erste Anstieg seit 2009, als die Firmenpleiten um gut elf Prozent auf rund 33.000 nach oben schnellten, teilte die Wirtschaftsauskunftei mit.
"Die anhaltende Inflation, die steigenden Zinsen und Energiekosten sowie eine zunehmend verschärfte Wettbewerbssituation gehen bei vielen Unternehmen an die Substanz", sagte Creditreform-Chefökonom Patrik-Ludwig Hantzsch. Zahlreiche Firmen hätten zwar während der Corona-Pandemie Hilfen erhalten und sich so über Wasser halten können. "Aber diese jetzt sich überlagernden Krisen sind für viele einfach zu viel."
Trendwende beim Insolvenzgeschehen?
Wie viele andere Experten rechnet auch Hantzsch mit einem weiteren Anstieg der Unternehmensinsolvenzen im nächsten Jahr. Der Anstieg von 2021 auf 2022 sei moderat, "dürfte aber erst der Auftakt für eine weitere Beschleunigung des Insolvenzgeschehens sein".
Die allgemeine konjunkturelle Lage ergebe ein hohes Potenzial für Zahlungsausfälle 2023 und in den kommenden Jahren. Als weitere Belastung sieht Creditreform, dass schuldenfinanzierte Unternehmen infolge des Zinserhöhungskurses der Europäischen Zentralbank (EZB) mit einem steigenden Zinsaufwand zurechtkommen müssen.
Unklar sei noch, welche Liquiditätshilfen die Politik rund um Strompreise und Inflation auf den Weg bringe. "Das ist die ganz entscheidende Frage, die unmittelbar auch die Insolvenzzahlen beeinflusst", so der Ökonom.
In dem noch stark von der Pandemie geprägten Jahr 2021 war die Zahl der Firmenpleiten um 11,9 Prozent auf 14.130 gesunken. Um eine Pleitewelle infolge der Pandemie abzuwenden, hatte der Bund Ausnahmeregelungen ermöglicht.
Deutlich mehr Pleiten von Großunternehmen
In diesem Jahr gab es laut Creditreform 25 Prozent mehr Pleiten von Großunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten als 2021. Prominente Beispiele seien Galeria Karstadt Kaufhof und der Schuhhändler Görtz. Allerdings betrafen 85,8 Prozent aller Firmenpleiten sehr kleine Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten. Insgesamt seien 2022 durch Insolvenzen 175.000 Arbeitsplätze verloren gegangen, so Creditreform - ein deutlicher Zuwachs von 24,1 Prozent gegenüber 2021.
Verbraucherinsolvenzen gesunken
Deutlich gesunken sind dagegen laut Creditreform die Verbraucherinsolvenzen. Deren Zahl werde 2022 zum Vorjahr um 17,3 Prozent auf 65.300 Fälle sinken. Bislang habe die Energiekrise nicht zu einer Insolvenzwelle bei Privatpersonen geführt, so die Wirtschaftsauskunftei. Mit einer Rezession und der zunehmenden Dauer der Belastungen drohten bei den Verbrauchern aber künftig mehr Zahlungsausfälle.
2021 waren die Verbraucherinsolvenzen mit plus 86,6 Prozent auf fast 79.000 Fälle nach oben geschossen. Grund dafür war eine Gesetzesänderung, die eine Befreiung von der Restschuld schon nach drei statt nach sechs Jahren möglich macht. Viele Betroffene hatten nach Einschätzung von Experten mit ihrem Insolvenzantrag gewartet, bis diese Änderung galt.