EU-Einigung zu CO2-Grenzwerten für Autos Ein Kompromiss, der keinen freut
Die EU hat sich auf CO2-Grenzwerte für Neuwagen geeinigt. Die Bundesregierung spricht von einem guten Kompromiss. Umweltschützer sehen dagegen einen "Kniefall vor der Industrie". Der Autobranche gehen die drohenden Strafzahlungen und die Emissionsziele ab 2020 zu weit.
Die Bundesregierung hat die EU-Einigung über künftige CO2-Grenzwerte für Neuwagen positiv bewertet. Autobranche, Umweltverbände und Grüne kritisierten die Neuregelung dagegen. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel sprach von einem "guten Kompromiss". Für das Weltklima sei es nicht entscheidend, ob die Autoindustrie im Jahr 2012 hundert Prozent der Klimaauflagen einhält oder erst 65 Prozent, sagte Gabriel im Bayerischen Rundfunk. Entscheidend sei, dass die Autoindustrie jetzt einen rechtsverbindlichen Rahmen habe.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel wertet den EU-Beschluss als vertretbaren Kompromiss.
Grenzwert-Einführung in mehreren Schritten
Die Neuregelung sieht vor, dass Neuwagen künftig im Schnitt nur noch 120 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen dürfen. Diesen Grenzwert will die EU in mehreren Schritten einführen. Im Jahr 2012 soll er für 65 Prozent der Neuwagen gelten, im Jahre 2013 für 75 Prozent, ein Jahr später für 80 Prozent und 2015 schließlich für die gesamte Neuwagenflotte in der EU. Ab 2020 ist ein Grenzwert von 95 Gramm pro Kilometer vorgesehen. Bei den im November in Deutschland neu zugelassenen Pkw lag der durchschnittliche CO2-Ausstoß bei 163 Gramm pro Kilometer.
Hersteller, deren Fahrzeuge mehr klimaschädliches Kohlendioxid ausstoßen, müssen Strafen zahlen. Von 2012 bis 2018 sind für das erste Gramm fünf Euro je produziertem Auto fällig. Das zweite Gramm kostet 15 Euro, das dritte Gramm 25 Euro Strafe. Bis zu einer Überschreitung des Grenzwertes um drei Gramm summiert sich die Strafe damit auf 45 Euro. Ab vier Gramm droht eine empfindliche Strafe von 95 Euro. Ab 2019 gilt die hohe Strafe ab dem ersten Gramm.
Glos: Ziele sehr ehrgeizig
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos bezeichnete die Festlegung des langfristigen Ziels von 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ab 2020 als "sehr ehrgeizig". Wichtig sei deshalb eine Folgenabschätzung im Jahr 2013. Bei den Strafzahlungen sei eine Staffelung abhängig von der Abweichung der richtige Weg, sagte Glos. Die gefundenen Kompromisse müssen das EU-Parlament und die Regierungen der 27 EU-Mitgliedsstaaten noch formal billigen. Im Europaparlament stieß der Kompromiss auf breite Zustimmung. Es gilt als sicher, dass die Abgeordneten den Kompromiss bei der abschließenden Lesung Mitte Dezember beschließen werden.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace sprach von einem "Kniefall der selbsternannten Klimaschützerin Angela Merkel vor der Industrie". Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sprachen von einem "schwarzen Tag für den Klimaschutz". Die Regierung sei vor der Auto-Lobby eingeknickt. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte der "Berliner Zeitung": "Deutschland hat im Klimazug die Rolle als Lokführer aufgegeben und sitzt jetzt im Bremserhäuschen."
Autohersteller kritisieren Strafzahlungen
Der Verband der Automobilhersteller (VDA) zeigte sich in wichtigen Punkten zufrieden mit der Einigung, kritisierte aber die Sanktionen bei Überschreiten des Grenzwerts als überzogen. Strafzahlungen von 95 Euro pro Gramm bedeuteten den 24-fachen Betrag dessen, was Kohle- und Stahlindustrie im Emissionshandel für eine Tonne CO2 derzeit zu bezahlen hätten, erklärte VDA-Präsident Matthias Wissmann in Franfurt am Main. "Diese krasse Ungleichbehandlung der Automobilindustrie ist nicht zu rechtfertigen."
Auch die Festlegung eines Langfristziels von 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ab 2020 sei verfrüht. In einem anderen Punkt habe sich die EU dagegen in die richtige Richtung bewegt. Es sei zu begrüßen, dass bei den CO2-Einsparungen künftig auch Öko-Innovationen außerhalb von Motor und Antriebsstrang mitberücksichtigt werden sollen, erklärte Wissmann.