CO2-Auflagen der EU-Kommission Gestörtes Klima zwischen Berlin und Brüssel
Einhellig haben sich Politiker der Großen Koalition gegen EU-Pläne gewandt, besonders umweltschädliche Autos teurer zu machen. Da werde "massive Interessenpolitik" betrieben, klagte etwa Wirtschaftsminister Glos. Umweltminister Gabriel nannte die geplanten Grenzwerte "nicht fair".
Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Klimaschutz-Auflagen für Neufahrzeuge stoßen bei der Bundesregierung auf erheblichen Widerstand. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte die Grenzwerte strikt ab. "Ich glaube, dass hier Industriepolitik gemacht wird zulasten deutscher Autohersteller", sagte Merkel.
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos erklärte, die Bundesregierung werde sich im EU-Rat und Europäischen Parlament für eine vernünftige, ausgewogene Lösung einsetzen, die eine faire Verteilung der Lasten vorsehe. Der jetzige Vorschlag greife in den bestehenden Wettbewerb zulasten vor allem der deutschen Automobilhersteller ein. "Er lässt die Ausgewogenheit zwischen ökologischen und ökonomischen Notwendigkeiten vermissen und wirkt sich einseitig zulasten des Wirtschaftsstandortes Deutschland aus", sagte Glos dem "Handelsblatt".
"Hochproduktive Arbeitsplätze in Gefahr"
Unter dem Deckmantel des Umweltschutzes werde "massive Interessenpolitik betrieben". Wenn die Vorschläge Wirklichkeit werden würden, kämen auf deutsche Automobilhersteller Milliardenbelastungen zu. "Das wäre eine unerträgliche Wettbewerbsverzerrung, die hochproduktive Arbeitskräfte gefährdet", sagte der Minister.
"Hilfe für Kleinwagenhersteller"
Auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel nannte die geplanten Grenzwerte "nicht fair". Autohersteller dürften für technologisch gute Entwicklungen nicht bestraft werden. Zwar müssten große Fahrzeuge durchaus stärker zur Emissionsminderung beitragen als kleinere und mittlere. Es gehe aber nicht, dass an 50 Prozent der französischen Fahrzeuge überhaupt nichts gemacht werden müsse, während in Deutschland 98 Prozent betroffen seien, sagte der SPD-Minister der "Süddeutschen Zeitung". Es entstehe der Eindruck, Brüssel wolle weniger dem Klima, sondern mehr den Kleinwagen-Konzernen in Frankreich und Italien helfen.
Die Kommission will den CO2-Ausstoß von Neufahrzeugen ab 2012 auf durchschnittlich 120 Gramm pro Kilometer verringern, wobei mit Motorentechnik ein Durchschnittswert von 130 Gramm erreicht werden soll. Vor allem die deutschen Premium-Hersteller BMW und Daimler müssten danach ihren CO2-Ausstoß bis 2012 deutlich reduzieren.
Drohung aus Bayern
CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sprach in der "Frankfurter Rundschau" von einem "knallharten Angriff auf die deutsche Wirtschaft". Die Kommission müsse "wissen, an wessen Tropf sie ganz wesentlich hängt", drohte Ramsauer.
Grüne greifen Merkel an
Wegen Merkels Unterstützung für die deutschen Autobauer kam Kritik von den Grünen. Die Bundeskanzlerin habe "wenig Tage nach dem Klimagipfel von Bali die Seiten gewechselt und sich zum Helfer der Spritfresser-Industrie gemacht", sagte die Fraktionschefin der Grünen, Renate Künast, ebenfalls in der "FR".