Eurogruppenchef Juncker hört zum Jahreswechsel auf "Mister Euro" geht - Nachfolgersuche unter Zeitdruck
Er hatte es angekündigt, nun macht er ernst: Eurogruppenchef Juncker legt zum Jahreswechsel sein Amt nieder. Eigentlich hatte er schon im Sommer aufhören wollen, doch die Eurogruppe konnte sich nicht auf einen Nachfolger einigen. Jetzt muss es schnell gehen - und das mitten in der Schuldenkrise.
Bei ihrem Treffen hatten die Euro-Finanzminister zuvor den Antrag Spaniens auf Bankenhilfe gebilligt. Spanien erhalte 39,5 Milliarden Euro Mitte nächster Woche, sagte Juncker. Die Hilfen sollten Mitte kommender Woche fließen.
Von Leon Stebe, RBB-Hörfunkstudio Brüssel
"Das war wohl eines der kürzesten Treffen der Eurogruppe seit langem", sagte Jean-Claude Juncker am Abend in Brüssel. Er hatte sichtlich Freude, die an Nachtsitzungen gewöhnten Journalisten darauf hinzuweisen. Nach einer kurzen Einleitung referierte Juncker gewohnt routiniert die aktuellen Themen der Euro-Finanzminister. Die Rettung Griechenlands. Die Rettung der spanischen Banken. Der Stand der Verhandlungen über die Rettung der Banken in Zypern - und so weiter. Um dann ganz beiläufig zu erwähnen, dass er die Finanzminister der Eurozone noch über eine andere wichtige Sache informiert habe. "Ich werde das Amt des Eurogruppenchefs niederlegen - und das zum Ende des Jahres, mit dem Beginn des neuen Jahres."
Juncker hatte schon mehrmals in diesem Jahr erkennen lassen, dass er amtsmüde ist - und dass er nicht mehr will. Jetzt, nach sechs Jahren als Chef der Eurogruppe, ist definitiv Schluss. Der Luxemburger soll im Vorfeld der Abendsitzung in mehreren Hauptstädten angerufen haben, um die Regierungen auf seinen baldigen Rücktritt vorzubereiten. "Ich fordere die Finanzminister auf, alles zu tun, um einen Vorsitzenden der Eurogruppe zu finden", sagte er.
Schäuble würde wohl wollen - Frankreich lehnt bislang ab
Angesichts der vielen Probleme muss die Eurozone dringend einen neuen obersten Krisenmanager präsentieren. Bundesfinanzminister Schäuble hatte bereits indirekt sein Interesse an diesem Posten bekundet, wurde aber von der neuen französischen Regierung bislang abgelehnt. Weil sich Deutschland und Frankreich nicht auf einen Kandidaten einigen konnten, hofften alle darauf, dass Juncker doch noch weiter macht. Zumindest bis nach der Bundestagswahl. Das war der vorläufige Kompromiss, und solange der noch bestand, wollte sich der Bundesfinanzminister zu seiner Zukunft auch nicht äußern. Entsprechende Fragen ließ er unbeantwortet - und sagte dazu meist: "Über Personalentscheidungen haben wir nicht diskutiert. Die stehen auch nicht an. Das machen wir, wenn sie anstehen."
Doch jetzt stehen sie an. Und diese Personalfragen bringen die Eurozone durchaus in Schwierigkeiten. Denn: Unter Zeitdruck muss ein neuer Kompromisskandidat her. Ein Kandidat, der von allen Euro-Partnern unterstützt wird. Ein Minister, der nicht nur für die armen - oder nur für die reichen - Euro-Staaten spricht. Jemand, der die Geschäfte von Jean-Claude Juncker mitten in der Schuldenkrise nahtlos übernehmen kann. Also: jemand, dem man diese Aufgabe auch zutraut.
Bei so vielen unterschiedlichen Interessen im aktuellen Krisenmanagement dürfte die Suche nach einem geeigneten Chef der Eurogruppe äußert kompliziert werden. Der perfekte Kandidat, der alle Bedingungen erfüllt, ist zumindest jetzt noch nicht in Sicht.