Misstrauen wegen Schuldenkrise wächst Italien muss Rekordzinsen zahlen
Italien hat sich durch die Ausgabe neuer Staatsanleihen zehn Milliarden Euro frisches Geld geliehen. Das gelang aber nur zu einem hohen Preis. Die Käufer verlangten von der Regierung in Rom höhere Zinsen als jemals zuvor. Daran änderte der Regierungswechsel nach dem Rücktritt von Premier Berlusconi nichts.
Der Regierungswechsel hat das Vertrauen der Investoren in die Sanierung der italienischen Staatsfinanzen nicht gestärkt. Um auf dem Kapitalmarkt genügend frisches Geld zu bekommen, musste die neue Regierung von Ministerpräsident Mario Monti Rekordzinsen zahlen.
Zwar gelang es dem hoch verschuldeten Staat, sich durch die Ausgabe neuer Staatsanleihen wie geplant zehn Milliarden Euro zu leihen. Für Papiere mit sechsmonatiger Laufzeit verlangten die Investoren einen durchschnittlichen Zins von 6,5 Prozent, für eine zweijährige Anleihe sogar einen Zins von 7,8 Prozent. Höhere Sätze musste Italien seit Einführung des Euro noch nie zahlen, teilte die italienische Notenbank mit. Im Oktober lagen sie mit 3,5 und 4,6 Prozent noch deutlich tiefer.
Eingreifen der EZB verpufft
Die steigenden Risikoaufschläge spiegeln das Misstrauen in die Fähigkeit Italiens wider, die Schuldenprobleme in den Griff zu bekommen. Je mehr die Regierung in Rom für geliehenes Geld bezahlen muss, desto schwieriger wird aber mittelfristig die Sanierung der Staatsfinanzen. Die neuerlichen Rekordzinsen konnte auch die Europäische Zentralbank (EZB) nicht verhindern. Diese hatte nach Angaben von Händlern unmittelbar vor der Versteigerung der neuen Papiere versucht, durch den Kauf bereits früher ausgegebener italienischer Staatsanleihen am Markt die Zinsen zu drücken.
Denn die Rendite dieser am sogenannten Sekundärmarkt gehandelten Papiere gilt als Orientierungspunkt für die Verzinsung neuer Anleihen. Die Zinsen der in der Vergangenheit ausgegebenen Anleihen ist zwar im Nachhinein unveränderlich. Die schwankende Rendite ergibt sich aber durch den aktuellen Kurs, zu dem die Papiere an den Märkten gehandelt werden. Je weniger eine Anleihe aktuell kostet, desto größer ist die Rendite für einen Käufer. Denn die Zinsen, die der Staat zahlen muss, sind ebenso festgelegt wie die Summe des geliehenen Geldes, das der Investor am Ende der Laufzeit vom jeweiligen Land zurückgezahlt bekommt.
Dass sich die Lage für Italien verschärft, zeigte sich entsprechend in der Entwicklung der Renditen gehandelten Staatspapiere. Die Rendite von Anleihen mit einer zweijährigen Laufzeit stieg auf ein Hoch von 7,77 Prozent. Die Renditen für fünfjährige Anleihen kletterten auf bis zu 7,79 Prozent. Bei Zehnjahrespapieren erreichten die Renditen 7,3 Prozent. Besonders kritisch bewerten Experten, dass die Renditen für kürzere Laufzeiten höher liegen als für langfristige Anlagen. Das zeige, wie groß das Misstrauen der Investoren gegenüber Italien ist.
EU-Kommission drängt Monti zum Handeln
EU-Währungskommissar Olli Rehn verlangte von der italienischen Politik, ohne Verzögerungen "an allen Fronten" zu handeln. Italien stehe vor außergewöhnlichen Herausforderungen. Denn neben der Konsolidierung des Haushaltes seien ehrgeizige Maßnahmen notwendig, um Wachstum zu erreichen und dabei gleichzeitig sozial gerecht vorzugehen, sagte er in Rom. Rehn war zu Gesprächen mit Monti und anderen Politikern in die italienische Hauptstadt gereist.
Monti hatte gestern bei dem Gipfel mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel das Ziel bekräftigt, bis 2013 einen ausgeglichenen Etat vorzulegen. Die neue Regierung werde ihr erstes Maßnahmenpaket in der Zeit zwischen dem EU-Gipfel am 9. Dezember und Weihnachten verabschieden, kündigte Monti an.