Interview

Asmussen vor HRE-Untersuchungsausschuss "Mehr als nur rechte Hand des Finanzministers"

Stand: 19.08.2009 00:06 Uhr

Kaum einer kennt ihn, aber Staatssekretär Asmussen gilt als Schlüsselfigur bei der Rettung der Hypo Real Estate. Die Opposition wirft ihm mangelnde Sorgfalt vor und fordert seine Entlassung. Heute wird er vor dem U-Ausschuss aussagen. tagesschau.de sprach darüber mit ARD-Korrespondent Marcus Bornheim.

tagesschau.de: Heute wird Jörg Asmussen, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, vom HRE-Untersuchungsausschuss vernommen. Es geht um die Fast-Pleite der Hypo Real Estate und die Verantwortlichkeiten dafür. Asmussen wird von der Opposition hart kritisiert. Warum?

Marcus Bornheim: Asmussen hätte als verantwortlicher Abteilungsleiter und späterer Finanzstaatssekretär theoretisch rechtzeitig Hinweise von der Bankenaufsicht Bafin darüber bekommen sollen, wie schlecht es um die Hypo Real Estate steht. Denn die Bafin hatte die HRE und deren Risikomodelle zuvor mehrfach geprüft. Unklar ist, warum diese Hinweise nicht oder nur teilweise auf seinem Schreibtisch gelandet sind. Asmussen hat darauf hingewiesen, dass er im Urlaub war, aber natürlich hätten ihm die Memos der Bafin auch nachträglich vorgelegt werden müssen. Deshalb hat die Opposition jetzt nochmals extra Asmussens Terminkalender angefordert, um nachzuprüfen, wann er wo gewesen ist.

"Graue Eminenz im Finanzministerium"

tagesschau.de: Warum steht die Figur Asmussen überhaupt so im Fokus? In der Öffentlichkeit ist er kaum bekannt.

Bornheim: Asmussen ist mehr als nur die rechte Hand seines Finanzministers. Er gilt als graue Eminenz im Finanzministerium und ist so etwas wie das Gehirn der Bankenrettung in der Bundesregierung. Asmussen war bei allen signifikanten Rettungsaktionen dabei - bei der HRE, aber auch bei Opel oder Arcandor. Gemeinsam mit dem Wirtschaftsberater von Angela Merkel im Kanzleramt, Jens Weidmann, hat er das Finanzmarktstabilisierungsgesetz ausgearbeitet und auf den Weg gebracht. Im Prinzip ist er fast so wichtig wie der Finanzminister selbst - auch wenn ihn zumindest in der Öffentlichkeit tatsächlich kaum jemand kennt.

tagesschau.de: Die Opposition im Ausschuss fordert sogar unisono den Abtritt Asmussens. Warum?

Bornheim: Neben den vermeintlich übergangenen Warnhinweisen der Bafin wird ihm vorgeworfen, dass er bei dem Rettungswochenende im September 2008 mit den Privatbanken nicht hart genug verhandelt habe. Es wird auch seine mangelnde Präsenz kritisiert: Er hätte, so die Kritik, viel früher und auch besser präpariert bei dem entscheidenden Krisentreffen in Frankfurt sein müssen. Dieser Vorwurf hat sich in den vergangenen Monat allerdings etwas abgeschwächt. So sagte etwa Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann aus, dass Assmussen auch von Berlin aus immer voll im Film gewesen sei und für die Bundesregierung durchaus hart und im Sinne der Steuerzahler verhandelt habe.

tagesschau.de: Könnten die Aussagen Asmussens vor dem U-Ausschuss auch Finanzminister Steinbrück belasten? Der wird dem Ausschuss am Donnerstag Rede und Antwort stehen.

Bornheim: Steinbrücks Leute im Ministerium sehen die Sache relativ entspannt. Dort wird nicht erwartet, dass ihr Minister im Untersuchungsausschuss nennenswert in Bedrängnis geraten wird. Steinbrück geht auch im Nachhinein davon aus, dass die Regierung und seine Beamten richtig gehandelt haben: Sie haben bis zum Schluss gezockt, und es hat - zumindest bis jetzt - ja auch funktioniert.

"Finanzwirtschaft würde Asmussen mit Kusshand nehmen"

tagesschau.de: Wird Steinbrück Asmussen vielleicht dennoch fallen lassen?

Bornheim: Ich glaube kaum, dass Steinbrück seinen Staatssekretär gehen lassen würde. Er braucht ihn noch bis zum Ende der Legislaturperiode, und unterm Strich kann man sagen: Selbst wenn Asmussen nicht mehr Staatssekretär wäre, könnte er in der Banken- und Finanzwelt das Vielfache dessen eines Staatsekretärs verdienen. Ich bin mir sicher: Die würden ihn alle mit Kusshand nehmen.

tagesschau.de: Inwieweit spielt der Wahlkampf in die Arbeit des U-Ausschusses hinein?

Bornheim: Dass man den Ausschuss jetzt als politische Bühne für den Wahlkampf nutzt, liegt auf der Hand. Das gilt vor allem für die FDP und die Grünen. Es geht längst nicht mehr um unklare Details, die noch aufgeklärt werden müssten. Da ist bereits im Vorfeld sehr viel im Rahmen von Großen Anfragen aus dem Parlament heraus beantwortet worden. Den wichtigsten Punkt im Wahlkampf hofft die Opposition am Donnerstag zu machen, wenn Peer Steinbrück vorgeladen ist. Denn gegen Asmussen braucht man keinen Wahlkampf machen, den kennt keiner; gegen den Banker Ackermann muss man keinen Wahlkampf machen, weil er nicht zur Wahl steht. Deshalb fokussiert sich jetzt alles auf den Auftritt des Finanzministers. Ich glaube aber, für mehr als ein, zwei Tage Aufregung fehlt da der Zündstoff.

tagesschau.de: Der U-Ausschuss beendet noch vor der Wahl seine Arbeit. Wie sieht seine Bilanz aus, was hat er gebracht?

Bornheim: Ein wirklich konkretes Fehlverhalten der handelnden Politik konnte nicht festgestellt werden. Das Gute an dem Ausschuss ist aber, dass er noch mal ganz klar dargelegt hat, dass die Bankenaufsicht so, wie sie vor der Krise aufgestellt war, nicht funktioniert hat. Die Bankenaufsicht braucht mehr Geld, mehr Eingriffsmöglichkeiten und mehr Personal - und man muss sie internationaler gestalten. Das ist durch die Ausschussarbeit nochmals klar geworden. Diese Erkenntnisse müssen nun vom nächsten Bundestag umgesetzt werden beziehungsweise im Rahmen der G20 international strukturiert werden.

Das Gespräch führte Ulrich Bentele, tagesschau.de

Das Interview führte Marcus Bornheim, ARD Berlin