Bundestag schränkt Hochfrequenzhandel ein Ultraschneller Aktienhandel soll nun geregelt ablaufen

Stand: 28.02.2013 13:42 Uhr

Knapp die Hälfte des Aktienhandels wird an deutschen Börsen derzeit über extrem schnelle Computer abgewickelt. Das kann zu massiven Kursschwankungen führen - mit fatalen Folgen. Der Bundestag hat nun Regeln für den Hochfrequenzhandel beschlossen. Der Opposition gehen diese jedoch nicht weit genug.

Der Bundestag hat einen Gesetzentwurf zur Eindämmung des sogenannten Hochfrequenzhandels an den Börsen verabschiedet. Damit ist Deutschland der erste EU-Staat, der den superschnellen "Turbo-Computerhandel" reguliert.

Börsenaufsichtsbehörde bekommt mehr Rechte

Mit dem Gesetz werden vor allem die Auskunfts- und Eingriffsrechte der Börsenaufsichtsbehörde BaFin erweitert. Diese soll künftig die Betreiber der IT-Systeme überwachen. Auch werden bestimmte Handelspraktiken verboten, darunter das "Scalping", bei dem versucht wird, durch irreführende Marktsignale Kurse zu beeinflussen.

Außerdem werden die Computer-Orders markiert, um den Verursacher einer Panne zügig finden zu können. Bei hohen Preisschwankungen soll der Handel unterbrochen werden können. Ferner muss zwischen Anfragen und ausgeführten Aufträgen ein angemessenes Verhältnis bestehen (order-to-trade-ratio). Vorgesehen ist auch, die Nachkommastellen der Börsenkurse zu reduzieren.

Opposition kam mit Mindesthaltefrist nicht durch

SPD und Grüne warfen der Koalition dennoch vor, eine effektive Kontrolle zu verhindern. Sie hatten - ebenso wie das Europäische Parlament - eine Mindesthaltefrist für Börsenorders von 500 Millisekunden gefordert. Doch darauf verzichtete die schwarz-gelbe Koalition. Aus ihrer Sicht hätte das den Hochfrequenzhandel von den deutschen Börsen vertrieben.

Der Grünen-Abgeordnete Gerhard Schick kritisierte zudem, dass die Händler selbst ihre Computermodelle testen sollten und nicht die BaFin. Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk lobte das Gesetz dagegen als einen "weiteren Baustein in der Brandmauer gegen Gefahren aus dem Finanzsektor", die die Bundesregierung errichtet habe.

Hochfrequenzhandel
Beim Hochfrequenzhandel werden in Sekundenbruchteilen Wertpapiere gekauft und wieder verkauft, um Gewinne über Änderungen im kleinsten Nachkommabereich einzustreichen. Dafür werden Computerprogramme genutzt, die auf Basis komplexer Formeln - Algorithmen - automatisch bestimmte Börsenaktionen starten. Der Gesetzgeber hatte diese neue Form des Handels nach spektakulären Pannen in den USA ins Visier genommen: Im Mai 2010 war es dort zu einem "Flash Crash" gekommen, einem blitzartigen Absturz der Börsen. Einige Aktien verloren mehr als 90 Prozent ihres Wertes. Analysen ergaben, dass die Computerprogramme für den ultraschnellen Handel den Absturz zumindest beschleunigt hatten. Eine Gefahr auch für Deutschland, wo diese Operationen etwa 40 bis 50 Prozent des Börsenumsatzes ausmachen.

Deutschland hängt EU ab

Mit dem Gesetz prescht die Bundesregierung in der EU voran, wo mit Überarbeitung der Finanzmarktrichtlinie MiFID ebenfalls an einer Kontrolle des Turbo-Handels gearbeitet wird. Allerdings dürfte es mindestens noch zwei Jahre dauern, bis die EU-Gesetzgebung abgeschlossen ist. Der Bundesrat, wo Union und FDP keine Mehrheit haben, muss dem deutschen Gesetz nicht zustimmen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 28. Februar 2013 um 10:30 Uhr.