Merkel und Sarkozy offenbar einig Kompromisspaket soll Griechen aus den Schulden helfen
Währungskommissar Rehn hat vor dem morgigen EU-Gipfel erneut schnelle Nothilfen für das klamme Griechenland gefordert. Im Streit über das Vorgehen scheint bereits ein Kompromiss gefunden: Demnach vereinbarten Deutschland und Frankreich eine Kombination von IWF-Unterstützung und bilateralen Hilfen.
Im Streit innerhalb der Europäischen Union über Nothilfen für das finanziell schwer angeschlagene Griechenland, haben sich offenbar Deutschland und Frankreich auf einen Kompromiss verständigt. Laut Diplomaten in Brüssel und Berlin sowie nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Nicolas Sarkozy auf dem EU-Gipfel morgen in Brüssel ihren gemeinsamen Vorschlag vorlegen.
Merkel überzeugt mit Einbindung des IWF
Demnach gilt eine kombinierte Hilfe von Internationalem Währungsfonds (IWF) und direkten bilateralen Hilfen einiger Euro-Länder als wahrscheinlichste Lösung. Die zentrale Rolle komme aber dem IWF zu. Laut "Süddeutscher Zeitung" signalisierte Paris seine Zustimmung: Schließlich seien die europäischen Länder die größten Anteilseigner am IWF. Damit hätte Merkel Sarkozy überzeugt, der der deutschen Linie mit Einbindung des IWF bisher skeptisch gegenüberstand.
Auch die von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso geforderten bilateralen Hilfen werden aufgegriffen: Mögliche IWF-Finanzspritzen sollen dem Kompromiss zufolge durch freiwillige bilaterale Hilfen einiger EU-Länder ergänzt werden.
EZB gegen Einbeziehung des IWF
Die Europäische Zentralbank (EZB) reagierte mit scharfer Kritik auf die Pläne. "Diejenigen, die an ökonomischer und monetärer Stabilität in Europa interessiert sind, sollten sich gegen den Gang zum IWF wehren", forderte EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit". "Die Leute sollten vor dem deutschen Verfassungsgericht klagen, wenn der IWF angerufen wird, nicht wenn die EU bilaterale Unterstützung organisiert." Bini Smaghi sagte, dass Griechenland unbedingt geholfen werden müsse, weil sonst die Märkte möglicherweise gegen das Land spekulierten.
Brüderle: "Kein Geld für Griechenland"
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) betonte unterdessen erneut das deutsche Nein zu direkten Hilfen für Griechenland: "Die griechische Regierung sagt selbst, dass sie keine Finanzhilfen braucht und es aus eigener Kraft schafft", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Hilfen für Griechenland wären das falsche Signal, so Brüderle. Es dürfe hier kein Präzedenzfall geschaffen werden, auf den sich später andere EU-Mitgliedstaaten berufen könnten.
Wirtschaftsminister Brüderle wertet mögliche Hilfen für Griechenland als falsches Signal.
Damit bestärkte er die Haltung von Kanzlerin Merkel, die konkrete Hilfen für Griechenland bisher ablehnt. Sie hatte erklärt, europäische Finanzhilfen seien unvereinbar mit den geltenden EU-Verträgen, die eine Schuldenübernahme für ein Mitgliedsland verböten.
EU-Währungskommissar fordert schnelle Entscheidung
EU-Währungskommissar Olli Rehn mahnte an, bei der Hilfe für Griechenland keine unnötige Zeit verstreichen zu lassen: Die Europäische Union müsse noch in dieser Woche darüber entscheiden, sagte er der finnischen Tagesszeitung "Helsingin Sanomat". Sollte dies der Gemeinschaft nicht gelingen, drohten schwere Störungen beim Euro. Technisch stehe die EU bereit, sagte Rehn. "Jetzt brauchen wir eine politische Entscheidung."
Gelingen soll der Durchbruch bereits beim morgigen Sondergipfel der Euro-Länder. Die Initiative für das Treffen der 16 Staaten mit der Gemeinschaftswährung kurz vor dem regulären EU-Gipfel in Brüssel hatte der EU-Ratsvorsitzende Herman Van Rompuy initiiert. Die Gemeinschaftswährung ist wegen der griechischen Schuldenkrise unter Druck geraten. Spekulationen über eine Pleite des Euro-Staates belasten seit Wochen die Devisenmärkte.
EU-Notfallplan soll Kapitalbeschaffung erleichtern
Mit Hilfszusagen durch die EU soll Griechenland vor allem die Aufnahme neuer Kredite erleichtert werden. Bislang trieben Spekulationen über eine mögliche Pleite Griechenlands die Kosten für frisches Kapital nach oben. Derzeit werden den Griechen auf den Märkten deshalb mehr als drei Prozentpunkte mehr abverlangt als beispielsweise Deutschland.
Zwischen dem 19. April und Ende Mai muss Griechenland nach Angaben von Petros Christodoulou, dem Chef der für die Schuldenverwaltung zuständigen Finanzagentur, etwa 16 Milliarden Euro fälliger Schulden an den Kapitalmärkten neu aufnehmen. Laut Sachinidis hat die griechische Regierung aber noch keine Entscheidung getroffen, wann sie die nächste Anleihe auflegen wird, um den Finanzbedarf zu decken.