Parlamentsdebatte in Athen "Ihre Ja-Stimme ist die letzte Chance"
Dass eine griechische Parlamentsdebatte von der internationalen Finanzwelt verfolgt wird - früher undenkbar. Doch in Athen geht es um den künftigen Sparkurs der Regierung, ohne den das Land keine neuen Kredite bekommt und damit pleite wäre. Entsprechend eindringlich wirbt sie für ihre Pläne.
Von Steffen Wurzel, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
In Griechenland hat die Debatte über das umstrittene neue Sparpaket der Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou begonnen. Es sieht Privatisierungen, Steuererhöhungen und soziale Einschnitte im Umfang von 78 Milliarden Euro vor. Auf dem Papier hat die Regierung zwar eine Mehrheit, sie muss aber mit Abweichlern in den eigenen Reihen rechnen.
Die Beratungen im Parlament werden mehrere Tage dauern.
Griechenlands neuer Finanzminister Evangelos Venizelos rief den Gegnern des Sparpakets sichtlich verärgert und genervt zu: "Bisher arbeiten wir nicht seriös und das bedeutet: Weniger Geld für unsere Bürger, weniger Wachstum und null Aussichten! Wir müssen endlich zu uns kommen und seriös werden!"
Sparpaket als Voraussetzung für weitere Hilfen
Heute setzt das Parlament die Debatte über das umstrittene Sparprogramm fort. Am Mittwoch und am Donnerstag soll darüber abgestimmt werden. Von der Annahme des Sparpakets hängt ab, ob die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) die fällige Kreditrate in Höhe von zwölf Milliarden Euro auszahlen. Tun sie das nicht, ist Griechenland in wenigen Wochen pleite.
Entsprechend rief Papandreou potentielle Abweichler in den eigenen Reihen auf: "Hören Sie auf das, was Ihnen Ihre Seele und Ihr patriotisches Gewissen sagen. Ihre Ja-Stimme ist die letzte Chance, die das Land hat, um wieder auf die Beine zu kommen!"
Weitere Streiks geplant
Heute sind in ganz Griechenland erneut Streiks und Proteste geplant. Zahlreiche Behörden, Ämter und Betriebe bleiben geschlossen. Auch die Fluglotsen wollen am Vormittag und am Nachmittag für jeweils mehrere Stunden die Arbeit niederlegen. Die Athener Metro soll anders als zuvor angekündigt aber fahren, außerdem bleiben viele Geschäfte geöffnet. Insofern kann von einem Generalstreik nicht die Rede sein.