Syriza-Abgeordnete wettern gegen Einigung "Am Ende gewinnt immer das Sparpaket"
Zwar hat das griechische Parlament mit breiter Mehrheit für das dritte Rettungspaket gestimmt. Jedoch votierten über 40 Syriza-Abgeordnete dagegen - sie sind verärgert. Premierminister Tsipras will nun die Vertrauensfrage stellen.
Sitzfleisch und Ausdauer - dass sie davon jede Menge haben, bewiesen die griechischen Abgeordneten in der Nacht einmal mehr. Nach einer siebenstündigen Debatte billigten sie letztlich das 86 Milliarden Euro schwere Hilfspaket und die damit verbundenen Sparauflagen.
Mit 222 Ja-Stimmen hatte Regierungschef Alexis Tsipras eine deutliche Mehrheit der Abgeordneten hinter sich bringen können - auch die der Opposition. Vor vollem Haus hatte er zuvor sein Vorgehen erklärt: "Ich bedaure nicht, dass ich - soweit ich weiß - wie kein anderer für die Rechte des griechischen Volkes gekämpft habe. Und ich bedaure auch nicht, dass ich mich auf den Kompromiss und damit das Rettungspaket eingelassen habe - statt der Mehrheit der Griechen eine heldenhafte Selbsttötung zu bescheren."
Überbrückungskredite hätten weitere Auflagen bedeutet
Denn hätte sich die Regierung nicht mit den Geldgebern verständigt, wäre Griechenland bankrott gewesen. Das Land hätte sich auf Überbrückungskredite einlassen müssen - und das hätte bedeutet: Neue Auflagen der Geldgeber.
"Das hätte eine Rückkehr zur politischen Krise bedeutet und damit eine Krise ohne Ende", so Tsipras in seiner Rede. "Wir müssen der Realität ins Auge sehen - wir hatten die Wahl zwischen einem Rettungsschirm mit dem Euro oder der Rückkehr zur Drachme. Etwas, auf dem der deutsche Finanzminister auch heute noch beharrt, so dass die Vereinbarung auch noch nicht durch ist." Gemeint ist damit das Treffen der EU-Finanzminister am Nachmittag.
Innenpolitisch gescheitert
Auch wenn Alexis Tsipras eine wichtige Hürde genommen hat - innenpolitisch ist er gescheitert: Wie erwartet versagten ihm mehr als 40 seiner eigenen Leute erneut die Unterstützung, allen voran Panagiotis Lafazanis. Der Linken-Rebell der Syriza-Partei hatte im Parlament erneut dafür geworben, gegen das Spar-und Reformpaket zu stimmen.
"Was für eine Regierung ist das, die sich über das Votum der Griechen hinwegsetzt, dass wofür sie gekämpft haben?", ermahnte er die Abgeordneten. "Am Ende gewinnt immer das Sparpaket. Und das nach der ganzen Anti-Sparpolitik dieser ach so unabhängigen griechischen Syriza-Regierung. Wissen Sie was das ist? Das Ende der Demokratie, die Diktatur der Euro-Zone über seine neue Kolonie Griechenland." So stimmte er wie erwartet mit "oxi".
Tsipras stellt Vertrauensfrage
Ebenfalls wie erwartet zog Regierungschef Tsipras aus diesem Ergebnis die Konsequenz: Am 20. August, also kommenden Donnerstag, will er im Parlament die Vertrauensfrage stellen - genau an diesem Tag muss Griechenland auch 3,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank überweisen.
Die griechische Verfassung schreibt eine Vertrauensabstimmung zwar nicht vor, legt sie aber nahe, wenn eine Regierung auf weniger als 120 der insgesamt 300 Abgeordneten des Parlaments zählen kann. Laut Artikel 84 muss ein Regierungschef bei einer Vertrauensfrage die absolute Mehrheit der anwesenden Abgeordneten auf sich vereinigen. Das wären 151 Ja-Stimmen, wenn alle 300 Parlamentarier teilnehmen. Sind weniger Abgeordnete anwesend, reduziert sich auch die notwendige Zahl der Ja-Stimmen. Jedoch legt die Verfassung eine Untergrenze von mindestens zwei Fünfteln aller Mitglieder des Parlaments fest, also 120 Abgeordnete, deren Zustimmung ein Regierungschef unabhängig von der Zahl der anwesenden Parlamentarier für eine erfolgreiche Vertrauensabstimmung benötigt. Das Vertrauen gilt auch dann als ausgesprochen, wenn ein Regierungschef nur mit Hilfe der Opposition auf die notwendige Mehrheit kommt. (Quelle: dpa)
Erst diese Woche hatte sich die Regierung mit den internationalen Geldgebern auf weitere Sparauflagen und Reformen verständigt. Staatsbetriebe sollen privatisiert, Steuern erhöht und eine Frührente weitgehend abgeschafft werden. Innerhalb von drei Jahren soll Griechenland dafür mindestens 86 Milliarden Euro erhalten.