Kriminelle Geschäfte Wo der Kampf gegen Geldwäsche mehr Erfolg hat
Geldwäsche ist ein internationales Problem, doch Kritiker sehen besonders in Deutschland viel Nachholbedarf. Welche Länder sind schon weiter - und was machen sie besser?
Von Lilli Hiltscher, tagesschau.de
Immer wieder erheben Experten Vorwürfe gegen Deutschland wegen einer zu nachlässigen Bekämpfung der Geldwäsche. Schätzungen gehen von bis zu 100 Milliarden Euro aus, die jährlich in Deutschland "gewaschen" werden. Bekämpfen andere Länder Geldwäsche effektiver?
Zu den Staaten, die Experten zufolge erfolgreicher gegen die Verschleierung krimineller Geldströme vorgehen, gehört Italien. Dort werde das Problem viel entschlossener angegangen als in Deutschland, meinen Fachleute. Die Strafverfolgungsbehörden in Italien hätten erkannt, dass "eine erfolgreiche Geldwäschebekämpfung Voraussetzung für die erfolgreiche Bekämpfung der Mafia ist", sagt Dirk Peglow, stellvertretender Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter. Die Bundesrepublik dagegen hält der bekannte Mafia-Jäger Roberto Scarpinato für ein "Geldwäscheparadies". Schon 2010 sagte der sizilianische Staatsanwalt, dass er als Mafioso in Deutschland investieren würde.
Schlechte Noten für Deutschland
Damals fiel Deutschland bei der Überprüfung durch die Experten der Financial Action Task Force (FATF) fast durch. Die FATF ist der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris angegliedert und gilt als wichtiges internationale Gremium zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung. Regelmäßig überprüft sie ihre Mitgliedsstaaten auf die Effizienz bei der Geldwäschebekämpfung. Aktuell ist Deutschland wieder an der Reihe, das Ergebnis wird im kommenden Jahr erwartet. Dass sich die Lage deutlich gebessert hat, bezweifeln Experten. Die deutsche Finanzbranche gilt als wenig durchschaubar, dazu kommt Kompetenzgerangel der Behörden. Aufsichtsbehörden wie die Anti-Geldwäsche-Einheit FIU sind wenig schlagkräftig, die Strafverfolgung hinkt hinterher.
Italien macht indes immer wieder mit Verhaftungen und dem Einzug großer Summen von sich Reden. Ein Hauptgrund für den Erfolg in der Geldwäschebekämpfung ist die Beweislastumkehr - ein beschuldigter Bürger muss selbst beweisen, dass er nicht in illegale Geschäfte verwickelt ist. "In Italien kann beispielsweise eine Villa eingezogen werden, und dann muss der Besitzer nachweisen, dass sie nicht mit Geldern aus illegalen Quellen gekauft wurde", sagt Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit.
Strenge Regeln beim Vermögenseinzug
Auch andere Staaten haben strenge Regeln beim Vermögenseinzug: Großbritannien setzt Ähnliches mit der sogenannten "Unexplained Wealth Order" um. Britische Gerichte können Verdächtige dazu zwingen, ihre Quellen für unerklärlich hohen Reichtum offenzulegen. Dabei kann Vermögen solange eingezogen werden, bis der Besitzer erklärt, woher das Geld stammt.
In Deutschland gibt es nun erste Ansätze, ähnliche Verfahren einzuführen. So muss die Staatsanwaltschaft mittlerweile nicht mehr nachweisen, aus welcher konkreten Straftat Geld beispielsweise für eine Immobilie stammt. "Es muss viel mehr unplausibel sein, dass das Geld aus legalen Mitteln kommt", so Trautvetter. So gilt seit März jede kriminelle Aktivität als mögliche Vortat von Geldwäsche, denn die geschieht nie als alleinige Straftat. Allerdings müsse sich noch zeigen, in wieweit solche Fälle vor Gericht Bestand hätten.
Kein System vollkommen
Auch die USA können immer wieder auf hohe eingezogene Summen verweisen: "Privatpersonen, die helfen, kriminelle Aktivitäten aufzudecken, können sogar einen Teil des Geldes behalten und dadurch reich werden", sagt der Experte vom Netzwerk Steuergerechtigkeit. Und: "Auch die Polizei kann eingezogenes Vermögen teilweise selbst behalten."
Die Erfolge in den USA oder Italien seien allerdings nur bedingt aussagekräftig, glaubt Dirk Peglow vom Bund deutscher Kriminalbeamter. "Einschränkend muss man, auch bezogen auf die italienische Justiz, zwischen einer vorläufigen Einziehung von Vermögenswerten und der notwendigen gerichtlichen Bestätigung unterscheiden. Dazu liegen leider nur selten entsprechende Zahlen vor." Letztlich sei kein System vollkommen. "Bei der Frage, in welchem Land die Geldwäschebekämpfung besser ist, möchte ich den Leiter der Financial Action Task Force, David Lewis zitieren, der sinngemäß sagte, dass es überall schlecht läuft, nur in einigen Ländern weniger schlecht."
Was macht die EU?
Deshalb will die EU-Kommission nun stärker gegen Geldwäsche in Europa vorgehen. Die Brüsseler Behörde plant etwa eine Bargeldobergrenze, die europaweit gelten soll. Bisher weigert sich Deutschland allerdings, eine solche Obergrenze einzuführen, so dass selbst größere Geschäfte nach wie vor in bar abgewickelt werden können. Das sei zwar heute nicht mehr die wichtigste Methode für Geldwäsche, aber dennoch eine niedrigschwellige Möglichkeit, der man mit neuen Regeln Einhalt gebieten könnte, so Peglow. Andere Staaten sind da weiter: In Spanien liegt die Bargeldobergrenze etwa bei 2500 Euro, in Italien bei 1000 Euro.
Außerdem soll nach den Plänen der EU-Kommission eine neue Kontrollbehörde entstehen. "Durch Behörden wie Europol und Eurojust konnten wir die internationale Zusammenarbeit verbessern", so Peglow. Dennoch sei die Kooperation zwischen verschiedenen Ländern noch zu schwerfällig, gerade wenn es um Nicht-EU-Staaten geht. Dabei wäre die Zusammenarbeit wichtig, denn "Geldwäsche ist ein internationales Problem, dass sich nur gemeinsam lösen lässt", sagt Experte Trautvetter.