Gesetzliches Zwischenziel erreicht Gasspeicher wieder zu drei Vierteln gefüllt
Drei Monate früher als gesetzlich festgelegt sind die deutschen Gasspeicher wieder zu 75 Prozent gefüllt. Damit ist der Füllstand erheblich höher als zur gleichen Zeit vor einem Jahr - auch dank eines eher milden Winters.
Die Erdgasspeicher in Deutschland haben das erste Speicherziel der kommenden Heizperiode von 75 Prozent Füllstand erreicht - drei Monate früher als vorgesehen. Am Morgen des 1. Juni waren sie nach heutigen Angaben des europäischen Gasspeicherverbandes GIE schätzungsweise zu 74,97 Prozent gefüllt.
Die Marke war während der Gaskrise im vergangenen Sommer in einer neuen Gasspeicherfüllstandsverordnung als Zwischenziel zum 1. September eingeführt worden. Zum 1. Oktober sollen die Speicher demnach zu 85 Prozent gefüllt sein, zum 1. November schließlich zu 95 Prozent.
Füllstände deutlich höher als im vergangenen Jahr
Seit dem 4. Mai steigen die Füllstände täglich an. Der bislang geringste Füllstand des laufenden Jahres war am 17. März mit 63,58 Prozent verzeichnet worden. Das ist allerdings im Vergleich zum Vorjahr hoch. Am 17. März 2022 waren die deutschen Speicher nur zu 24,56 Prozent gefüllt. Vor genau einem Jahr lag der Füllstand bei gut 49 Prozent, also auch deutlich unter dem aktuellen Niveau.
Der größte deutsche Speicher im niedersächsischen Rehden, der bis Anfang April 2022 vom russischen Staatskonzern Gazprom kontrolliert wurde, verzeichnete gestern Morgen einen Füllstand von gut 88 Prozent. EU-weit lag der Füllstand bei knapp 69 Prozent.
Puffer für den Gasmarkt
Die Speicher gleichen Schwankungen beim Gasverbrauch aus und bilden damit ein Puffersystem für den Markt. Am Morgen des 14. November war in Deutschland ein Füllstand von 100 Prozent verzeichnet worden. Im Winter nehmen die Füllstände aufgrund der Temperaturen üblicherweise ab. Ab Ende März/Anfang April wird für gewöhnlich wieder mehr ein- als ausgespeichert.
Die derzeitige Gasversorgung in Deutschland bezeichnet die Bundesnetzagentur in ihrer aktuellen Lagebewertung als "stabil". Die Versorgungssicherheit sei gewährleistet. Dennoch bleibe die Vorbereitung auf den kommenden Winter eine zentrale Herausforderung und ein sparsamer Gasverbrauch weiter wichtig. In der 21. Kalenderwoche lag er den Angaben zufolge gut 23 Prozent unter dem durchschnittlichen Verbrauch der Jahre 2018 bis 2021.
Vorteil durch milde Temperaturen
Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller verteidigte indes die Strategie der Bundesregierung zur staatlichen Gasbeschaffung in der Energiekrise. "Es war richtig, dass wir im vergangenen Sommer schnell gehandelt haben und alles darangesetzt haben, die Gasspeicher für den Winter zu füllen", sagte Müller heute. Die Marktbeeinflussung durch das staatliche Handeln sei einem Gutachten zufolge begrenzt und ein zügiges Handeln notwendig, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. "Dass wir so gut über den Winter gekommen sind, lag auch an den vergleichsweise milden Temperaturen", so Müller.
Die Bundesregierung hatte infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine und des schrittweisen Ausbleibens russischer Gaslieferungen die Befüllung der Gasspeicher gesetzlich vorgeschrieben und mittels des Unternehmens Trading Hub Europe (THE) selbst große Mengen Gas dafür eingekauft. Das Ankaufprogramm belief sich auf fast eine Milliarde Kubikmeter, THE wurde eine Kreditlinie von 15 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.
Vorerst keine neuen staatlichen Einkäufe nötig?
An dem Programm hatte es auch Kritik gegeben. So wurde die Notwendigkeit der teuren staatlichen Gasbeschaffung angezweifelt. Zudem gab es Vorwürfe, die THE habe das Gas in der Krise zu sehr hohen Preisen gekauft, die durch die staatliche Nachfrage zusätzlich in die Höhe getrieben wurden.
Derzeit sehe es so aus, als ob in diesem Jahr kein staatliches Eingreifen zur Befüllung der Speicher nötig sein werde, sagte Müller. "Gleichwohl würden bei einer staatlich veranlassten Einspeicherung heute weitere Optimierungsmöglichkeiten im Umgang mit den Speichermengen zur Verfügung stehen."