Rohre an der Nord-Stream-2-Anlandestation in Lubmin

Energie aus Russland Durch welche Pipelines kommt das Gas?

Stand: 08.03.2022 16:09 Uhr

Russisches Erdgas erreicht Deutschland über mehrere Pipelines. Welche Kapazität haben diese und was geschieht, wenn eine von ihnen ausfällt?

Von Detlev Landmesser, tagesschau.de

Russisches Erdgas gelangt im Wesentlichen über drei Hauptleitungen nach Deutschland. Die wichtigste Pipeline ist Nord Stream 1 über die Ostsee mit einer jährlichen Kapazität von 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas.

Über Belarus und Polen kann die nach der russischen Halbinsel im Nordpolarmeer benannte Pipeline Jamal 33 Milliarden Kubikmeter pro Jahr liefern.

Über die Ukraine kommen derzeit 40 Milliarden Kubikmeter pro Jahr über Transgas. Diese Pipeline hätte technisch gesehen eine deutlich höhere Kapazität von mehr als 100 Milliarden Kubikmetern, schätzt Andreas Schroeder, Leiter der Energieanalyse beim Energiemarktforscher ICIS. Allerdings wolle Russland die Ukraine nur begrenzt als Transitland nutzen. Die derzeitige Liefermenge war erst nach langwierigen Verhandlungen vereinbart worden.

Bei den genannten Mengen ist zu beachten, dass Deutschland selbst Transitland für russisches Gas nach West- und Südeuropa ist. Wie die Daten des europäischen Netzwerkverbands ENTSOG zeigen, wird etwa knapp die Hälfte des in Deutschland ankommenden Gases an die europäischen Partner durchgeleitet.

Was geschieht bei einem Ausfall?

Derzeit steht die Verbindung über die Ukraine unter ständiger Gefahr durch Kriegsschäden oder Sabotage. "Fiele der Ukraine-Transit aus, könnte dies relativ einfach ausgeglichen werden, da die polnische Route derzeit fast leer ist", erläutert Schroeder.

Sollte Russland hingegen seine jüngste Drohung wahr machen und die Belieferung über Nord Stream 1 einstellen, wäre technisch betrachtet zwar eine Umleitung großer Mengen über Jamal möglich, aber möglicherweise politisch nicht gewünscht.

Von den drei großen Gaspipelines aus Norwegen wäre im Fall der Fälle nur wenig Entlastung zu erwarten. Norwegen ist zwar drittgrößter Gasexporteur der Welt und lieferte zuletzt rund 120 Milliarden Kubikmeter Erdgas nach Europa. "Norwegen hat ein hoch entwickeltes Leitungsnetz und kann damit täglich seine Liefermengen nach Großbritannien und Kontinentaleuropa optimieren", erläutert Schroeder. Aber die Skandinavier seien produktionsbedingt am Limit.

Im Fall eines Totalausfalls der russischen Pipelines könnte Deutschland den Engpass etwa bis Anfang des nächsten Winters überbrücken, so Energieexperte Schroeder. So seien die deutschen Gasspeicher, die eine Pufferfunktion für die Gasversorgung haben, mittlerweile wieder komfortabler gefüllt.

Flüssiggas (LNG) könne auch eine vorübergehende Entlastung bringen. Bis die Lieferung von LNG etwa aus den USA oder Katar eine strategische Alternative wird, muss Deutschland allerdings erst noch die entsprechende Infrastruktur schaffen.

Niedersachsens Energieminister Lies, SPD, zur Abhängigkeit von russischem Gas

tagesthemen, tagesthemen, 08.03.2022 22:40 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 08. März 2022 um 15:41 Uhr.